Will ich ein Kind? Ja, nein, vielleicht

Porträtfoto Melanie Hughes

Melanie Hughes © Patrick Lipke

Ihr Lieben, wie war das damals bei euch? Habt ihr lang gegrübelt, ob ihr schwanger werden sollt oder nicht? Melanie Hughes, guter Job, glücklich verliebt, hat sich diese Frage so lange gestellt, dass sie darüber sogar ein ganzes Buch geschrieben hat: Will ich ein Kind? Ja, nein, vielleicht (Affiliate Link). Warum sie die Familienplanung so ins Grübeln brachte und wie sie sich letztendlich entschied – das hat sie uns im Interview verraten.

Liebe Frau Hughes, Sie haben ein ganzes Buch zu einer einzigen Frage geschrieben, nämlich zu „Will ich ein Kind? Ja, nein, vielleicht“? Was macht die Entscheidung so schwierig?

Es ist eine Frage, die viele Frauen in ihren Dreißigern umtreibt und oft nicht leicht zu beantworten ist. Schließlich ist die Entscheidung, Mutter zu werden, irreversibel, also nicht umkehrbar, und verändert das Leben einer Frau sehr – positiv wie auch negativ. Denn es sind meist die Mütter, die die Nachteile der Kindererziehung spüren.

Das fängt bei schlechten beruflichen Perspektiven in Teilzeit und damit verbundenen finanziellen Nachteilen an und endet in Überlastung durch zu hohe Ansprüche und ungerecht verteilte Hausarbeit.

Der zeitliche Druck auf der Entscheidung macht die Beantwortung nicht leichter.

Sie führen ein unabhängiges Leben, eine glückliche Beziehung. Was bringt sie zu dem Gedanken, das eventuell gegen ein Familienleben einzutauschen? Und was hält Sie davon ab?

Ich habe es bereits unwiederbringlich eingetauscht! Schlussendlich habe ich mich dazu entschieden, es versuchen zu wollen. Und bin dankbar, dass ich Mutter geworden bin.

Auch wenn der Virus mich nun infiziert hat und mich mit sämtlichen Symptomen belegt, vor denen ich mich fürchtete: Auch ich werde in der Teilzeitfalle hängen bleiben, sehe meine Rentenbezüge schmelzen, streite mit meinem Mann über mangelnde Hilfe im Haushalt und kämpfe um einen Kita-Platz in der Stadt.

Sie haben in den letzten Jahren das gemacht, was man von außen als „Karriere“ bezeichnen würde, Sie sind Gründerin und Geschäftsführerin. Hörten Sie Ihre eigene biologische Uhr ticken oder waren es gesellschaftliche Zwänge, die Sie über Familienplanung nachdenken ließen?

Als Frau in unseren Breitengraden habe ich gute Chancen über 80 Jahre zu werden, mein fruchtbares Zeitfenster bleibt jedoch kurz. Noch dazu parallel zu den Jahren, in denen man sich auch im Beruf beweist.

Ich hatte wahnsinnig Angst, in den Dreißigern eine Entscheidung zu fällen, die ich in meinen Vierzigern bereuen würde. Schlimmer noch: einfach die Zeit verstreichen zu lassen ohne aktiv entschieden zu haben.

Gesellschaftlichen Druck kannte ich auch – wie vermutlich alle kinderlosen Frauen in dem Alter – aber bei mir drängte das Alter.

Ihre Frage nach „Kind: ja oder nein?“ ist so groß, dass wir uns fragen: Lässt sie sich rational überhaupt beantworten? Bei mir hat damals einfach das Bauchgefühl gesagt: Los geht´s, jetzt ist´s an der Zeit! Da konnte ich gar nichts gegen ausrichten…

Das hört sich genau so an, wie es sein sollte und ich es auch in meinem Freundeskreis erlebte! Genau auf diesen Moment wartete ich, aber nichts passierte. Nicht mit 30, nicht mit 35.

Auch richtig: die Frage kann nicht rational beantwortet werden, aber es hilft, sich damit auseinanderzusetzen, was man fühlt. Als ich anfing zu schreiben wollte ich einen offenen Brief formulieren an Politik und Öffentlichkeit.

Ich wollte mich beschweren über fehlende Betreuungsplätze, Ehegattensplitting, schlecht bezahlte Teilzeitjobs. Doch ich merkte beim Zusammentragen schnell, dass diese Aspekte nur die halbe Miete waren.

Ich sorgte mich auch um meine Partnerschaft, um meinen Körper in der Schwangerschaft, um mich selbst. Und so schrieb ich stattdessen ein unterhaltsames, heiteres Buch aus der Ich-Perspektive, in dem sich manch eine Leserin wiedererkennen mag. Auch Lachen über mich und meine Befindlichkeiten ist erlaubt und sogar erwünscht!

Karrierestopp, das Zurückfallen in überholt geglaubte Rollenklischees, das Einbüßen der Freiheiten vs. Babyduft, unbändige Liebe und Familienleben: Führten Sie auch Pro und Contra-Listen? Und falls ja: was stand da drauf?

Aus einer nicht-mütterlichen Perspektive scheint vieles am Mutterdasein unattraktiv: Das Aufgeben des Alleinseins und der Unabhängigkeit, Sorge vor Überlastung zwischen Beruf und Familie, einem Ungleichgewicht in der Partnerschaft.

Auf der Pro-Seite ist der Punkt Mutterliebe. Man hat nur keine Vorstellung davon wie mächtig das Gefühl ist, wenn man es nicht erlebt hat.

Eine Erkenntnis Ihres Buches ist: Sich von Angst leiten zu lassen, ist keine Lösung. Was meinen Sie damit genau?

Mir hat es geholfen, mich zu fragen, was mir eigentlich Sorgen bereitet: das Mutterwerden selbst oder dass sich mein latenter Kinderwunsch nicht durchringen kann. Tue oder unterlasse ich etwas, weil ich nicht mutig genug bin, so bereue ich garantiert.

Und sollte es meine größte Angst sein, meinen Eltern zu offenbaren, dass ich keine Kinder bekommen möchte, dann würde ich raten, genau das zu tun.

Wollte Ihr Partner denn gern Papa werden?

Er wollte immer Kinder und ist nun ein glücklicher Papa.

Nun ist es ja so, dass man sich ausmalen kann, wie später alles wird – dass aber dann ja doch alles anders kommt. Wir haben uns das Mütterleben alle mal vorgestellt – und wurden dann von der Realität überrascht. Hilft Ihnen das bei der Entscheidung – oder hemmt es eher?

Da ich mich so intensiv im Vorfeld mit einem Leben mit Kind beschäftigt hatte, hat mich die Realität nicht sehr überrascht!

Ich hatte nur zwei Punkte nicht auf dem Schirm: ich hätte nicht gedacht, so verliebt sein zu können. Und der zweite ist das ewig schlechte Gewissen, wenn ich etwas für mich und nicht für meine Tochter tue.

An was denken Sie, wenn Sie ans Alter denken? Wo und wie sehen Sie sich da?

Das ist merkwürdig, denn ich habe mir über die Zukunft immer sehr viele Gedanken gemacht. Wenn bloß schon Freitag wäre…! Seit ich Mutter bin, bin ich im Hier und Jetzt und bin jeden Abend wehmütig, dass ein weiterer Tag vergangen ist. Insofern lasse ich mich mal gerne von einem Moment in den nächsten tragen.

Nun sind wir hier ja ein Mütterblog, die meisten Leserinnen haben sich bereits für Kinder entschieden. Hätten Sie möglicherweise Lust auf ein paar ehrliche Argumente für oder gegen Kinder von unseren Leserinnen hier in der Kommentarspalte?

Aber sicher!! Hier meine:

Contra:

Nie mehr allein. Immer mit Anhang!

Ich arbeite in Teilzeit und meine Rentenansprüche schmelzen.

Die Wachzeiten meines Kindes fallen leider auf meine Arbeitszeiten.

Das ewig schlechte Gewissen.

Schwangerschaft, Wochenbett – alles nicht so mein Ding (Geburt dagegen war ok). Ich finde Kinder doof und mag eigentlich nur mein eigenes.

Ich muss ständig Kuchen backen.

Ich habe einen Thermomix!

Kindergeburtstage.

Ungleichgewicht in der Partnerschaft.

Ich muss an so vieles denken.

Es mangelt mir an Unterstützung, die ohne Geld zu haben wäre.

Pro:

Ich war noch nie so verknallt!

Hier geht es zum Buch-Trailer.


4 comments

  1. Auch wenn’s nur auf die Schnelle am Ende steht:
    Nur ein Pro? Allein den ersten Punkt in der Contra-Liste ‚Nie mehr allein. Immer mit Anhang!‘ könnte ich genau so ins Pro schreiben. Wandern mit Kindern einfach was Anderes.

  2. Ich habe meine Kinder auch mit 29 und 31 Jahren bekommen und es war nie eine Option darüber nach zu denken, ob doch lieber keine Kinder.
    Nach einem Jahr hab ich hei Nr. 1 40% und bei Nr. 2 mit 40% wieder angefangen – Angestellte Bank. Teilzeitfalle ohne Perspektive… Auf Grund Umstrukturierung und vielen Änderungen arbeite ich jetzt 75% und mache eine Fortbildung zum zertifizierten Gutachter. Meine Arbeitszeit hab ich seit Oktober um 50% erhöht. Mein Gehalt aber um 100%.
    Ende der Fahnenstange ist noch nicht in sich, die Aussichten sind super. Mache jetzt aber erst meine Fortbildung fertig und genieße die zeitliche Flexibilität bei meinem „alten“ Arbeitgeber. Meine Kuds sind jetzt 10 und 12 und sie brauchen mich schon noch sehr, aber so soll es sein und es geht alles so schnell.
    Was dann kommt? Wer weiß?? 75% würden mir reichen, mit nem 100% Gehalt. Darauf arbeite ich hin…
    Ich finde das wird alles zu überbewertet und mit einer guten Basis tun sich immer neue Türen auf….
    LG
    Bianca Weber

  3. Hallo,
    bei mir stand es außer Frage. Ich wollte immer Kinder. Nur hat DAS Leben nicht so mitgespielt. Mit meinem langjährigen Ex Freund hätte ich es mir vorstellen können. Als er endlich fertig war mit dem Studium (ich habe Vollzeit gearbeitet und ihm den Rücken frei gehalten) war ich 26 und er hat sich getrennt. Dann kam mein Ex Mann. Zu schnell geheiratet, einen fremdgehenden Alkoholiker…Ich war 30 bei der Scheidung. Dann habe ich meinen jetzigen Mann kennengelernt. Mit 34 bin ich dann endlich Mutter geworden. Heute muss ich sagen, ich habe alles richtig gemacht um auch den richtigen als Vater für mein Kind zu finden. Was lange währt…. Ein Geschwisterchen wäre noch schön gewesen, aber leider sind die Betreuungsangebote in Niedersachsen nicht optimal. Ich will und wollte wieder (zumindest in TZ) arbieten gehen. Bin jetzt 43 und das Leben mit einem 8 Jahrigen Kind ist toll…

  4. Was bin ich froh, dass ich meine beiden Kinder mit 27 & 29 bekommen habe. Ich glaube, dass einem viele tiefgreifende Entscheidungen mit dem Alter schwerer fallen – einfach weil man mehr Lebenserfahrung hat, mehr gesehen und gehört hat und viel mehr die Pros und Contras überdenkt als man das vielleicht in seinen Zwanzigern bzw. generell in jungen Jahren tut. Klar habe ich mich auch damals nicht leichtfertig für die Kinder entschieden – aber dennoch würde mir eine solche Entscheidung jetzt viel schwerer fallen.

    Schön, dass die Autorin sich dann doch noch fürs Kind entschieden hat. Mutterliebe kann man eben nicht mit Pros und Contras abwiegen – es gibt nichts, was größer ist. Aber das weiß man halt erst hinterher 😉

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