Nur das Beste für mein Kind? Warum uns normal und durchschnittlich viel öfter reichen sollte

Ihr Lieben, ich lese grad Lotta Schultüte (Affiliate Link) und fühlte mich bei der Schulsuche mal wieder an Zeiten erinnert, in denen wir vor der Entscheidung standen. Autorin Sandra Roth erzählt aber im Buch auch krassere Beispiele: Von Eltern, die schon vor der Anmeldung in den Förderverein eintreten, um bessere Chancen zu haben, genommen zu werden, von Kuchenbackaktionen und Instrumententrainings, um auf der Musikschule genommen zu werden…

Spürt ihr schon den Druck, den Eltern da haben? Es MUSS diese Kita werden, es MUSS diese Schule werden, ich kann das in Teilen nachvollziehen, weil ich natürlich auch immer gern das Beste für meine Kinder will, deswegen meine ich mich auch mit, wenn ich frage: Wann sind wir Eltern eigentlich so verkrampft geworden?

Im Dorf: Eine Schule für alle

Wir sind kurz vor der Einschulung unseres größten Kindes aus Berlin weggezogen und aufs Land. In Sachen Grundschulwahl hat mir das das Leben unglaublich erleichtert, denn: Hier auf dem Land ist das noch fast wie früher. Da gibt es eine Schule und auf diese Schule gehen alle Kinder aus dem Dorf. Punkt. Und im nächsten Dorf gibt es wieder eine Schule und auch da gehen alle hin, die in der Nähe wohnen. So einfach, so entlastend.

Wir mussten uns nicht zwischen Montessori, Privatschule, Elite- oder Brennpunktkiez entscheiden, hier lernen einfach alle zusammen und wisst ihr was: Diese Mischung, die ist Gold wert fürs spätere Leben. Hier wird nicht separiert, hier wird integriert. Alle zusammen, jeder wie er kann. Einige kommen mit dem Bus, andere zu Fuß. Eine haben eine Fluchtgeschichte hinter sich, andere haben Förderbedarf, einige haben noch neun Geschwister, andere gar keine. Wisst ihr, wie gut es den Kindern tut, wenn sich das alles so schön mischt? Wie horizonterweiternd es auch sein kann, wenn alle unterschiedliche Geschichten und Hintergründe mitbringen?

Welche weiterführende Schule soll es werden?

Spätestens bei der weiterführenden Schule kommt dann doch die Entscheidung: Welche Schule soll es werden? Und wenn die gewählte Eliteschule dann doch zu schwierig ist und das Kind nicht mehr das Klassenbeste, dann wird gemäkelt, geschimpft oder im Zweifel geklagt (alles erlebt!). Woher kommt das? Wohin soll das führen?

Es mag Hundert Dinge geben, die ich am hiesigen Schulsystem bemängeln könnte und ich finde es gut, Dinge anzusprechen, die nicht so gut laufen, ich finde, wir können Systeme in Frage stellen, aber doch nicht unsere Kinder.

Warum sollten Kinder immer die Klassenbesten sein, reicht nicht ein normales Zeugnis mit einem ganz okayen Durchschnitt? Na gut, vielen reicht das, ich will da gar nicht alle über einen Kamm scheren, aber wenn ich höre, dass Kinder keine Hobbys mehr haben, weil sie ja so viel üben müssen, um beim nächsten Mal wieder eine Eins zu schreiben, dann wird mir ganz anders. Warum so viel Druck? Warum nicht ein bisschen mehr Leichtigkeit – und ja, Kindheit?

Druck & Stress: Wann sind wir so unentspannt geworden?

Haben wir nicht auch mal geschwänzt oder schlechte Noten geschrieben? Daraus wird heute so oft ein Staatsakt gemacht. Wann sind wir so unentspannt geworden? Ist es Angst? Angst, im System nicht bestehen zu können später? Geht es um Geld, um einen guten Job? Und sollte nicht vielleicht auch Glück und Zufriedenheit eine Rolle spielen? Nicht nur später, sondern hier und jetzt?

Können wir nicht dankbar und glücklich sein, wenn unsere Kinder zum Durchschnitt gehören? Wenn sie einfach ganz normal sind? Einfach ausgeglichen und zufrieden?

 


9 comments

  1. Bin bei Nadja
    Ich bin da ganz auf der Seite der Kommentatorin Nadja, auch mein Sohn geht auf eine kirchliche Schule. Die Gemeinschaft dort ist wunderbar! Bei einer Bekannten von mir wurde ein Kind der Schule verwiesen, weil es auf dem Handy den Erstklässlerinnen Gewaltvideos und Pornos gezeigt hatte-weiteres Mobbing ist an der Tagesordnung. Viele andere uns bekannt Eltern schicken ihre Kinder als Vorbereitung auf die Schule zum Kampfsport. Das wäre da, wo mein Sohn jetzt ist, glücklicherweise unvorstellbar.

  2. Was wir wünschen
    Wir stehen noch am Anfang des Schulchaos und sind jetzt schon fertig mit den Nerven.

    Die Kindergartenplatzsuche war dank Umzugs vor 3Jahren die pure Hölle!
    Unser Platz, den wir sicher hatten, wurde gestrichen, obwohl er nur 3Kilometer entfernt war, aber halt alte und damit falsche Stadt.
    Ich musste aber wieder arbeiten und bin alleinerziehend, also Lauferei, Flehen und zum Schluss ganz viel Glück.

    Nun suchten wir nach einer guten Schule.Die Stadtteilschule wurde geschlossen, die nächste Schule hat insgesamt 3Kinder mit hellerer Hautfarbe… Dieses stellte kein Problem erstmal dar, doch dann lernte ich den Direktor kennen und war angeekelt. Der Herr ist überzeugter AFD-Wähler…

    Also versuchen wir erneut einen Glückstopf zu finden und haben unser Kind auf einer privaten Waldorfschule angemeldet. Da erwarten wir nun innerhalb der nächsten 14Tage eine Zu oder Absage.

    Meines Erachtens ist es da wirklich einfacher auf dem Dorf! Ich stamme aus einem!
    Inklusion ist wunderbar,aber sie funktioniert bei uns in der Stadt absolut nicht.
    Gemeinsames Lernen wäre mein Traum, aber da es nur noch Elite oder Waldorf oder geht-garnicht oder geschlossene Schule gibt, stellt sich der obrige Text in einem anderen Licht da.

  3. Gute Mischung
    Unsere Kinder gehen in die nächstgelegene Schule. Sie können alleine hingehen (500m), nachmittags ihre Klassenkameraden treffen. Die Klasse ist extrem heterogen, da sind Anwaltskinder, Mittelschicht, Sozialhilfeempfanger, Geflüchtete. Schnell-
    und Langsamlerner. Deutsche, Polen, Syrer, Italiener, ich glaube in der Klasse meines Sohnes sind es 8 Nationalitäten. Was soll ich sagen? Die Klassengemeinschaft ist toll, die Kinder respektieren und unterstützen sich gegenseitig. Leben ist Vielfalt. Das sollen meine Kinder von klein auf erleben.

  4. Ich sehe das anders. Wir
    Ich sehe das anders. Wir haben uns bewusst für eine private (kirchliche) Grundschule entschieden, zu der wir die Kinder auch hinfahren müssen. Wir erleben eine so wundervolle Schulgemeinschaft dort, eine relativ homogene Klasse mit Kindern aus netten Familien. Ja, der Anspruch ist hoch. Dafür gibt es aber auch keinerlei Gewalt in der Schule, zum Beispiel Prügelleien und Hänseleien auf dem Schulhof. Davon höre ich an der örtlichen Grundschule, trotz gutem Viertel, viel. Diese extrem heterogenen Klassen an manchen Schulen, Kinder die zu Schulbeginn kein Deutsch können, Kinder die extrem unruhig sind und die ganze Klasse stören… ich glaube, damit wären wir nicht klargekommen. Wir sind auch froh, dass an dieser Schule traditioneller unterrichtet wird und zum Beispiel auf Rechtschreibung Wert gelegt wird, auch Schreibschrift wird unterrichtet. Schulgeld zahlen wir übrigens nicht. Wir sind glücklich mit unserer Wahl und hoffen, dass wir eine ähnlich „besondere“ Schule auch für die weiterführende Schule finden.

    1. Ich weiß ja nicht, in welchem
      Ich weiß ja nicht, in welchem (Bundes-)Land du lebst, Nadja, aber bei meinen Kindern wird auf der Regelschule sowohl auf Rechtschreibung geachtet als auch die Schreibschrift gelehrt.

  5. Der Artikel spricht mir sehr
    Der Artikel spricht mir sehr aus dem Herzen. Ich kenne sehr viele Eltern aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis, die ihre Kinder immer bestmöglichst fördern oder das wollten. Wir haben immer pragmatisch entschieden und nichts davon bereut. Unsere beiden Kinder haben sich prima entwickelt, mal eher Durchschnitt, mal darüber. Aber mit der nötigen Selbstreflexion, Resilienz und gestärkten sozialen Kompetenzen. An unserer Schule wird Inklusion gelebt. Dass jeder verschieden ist, ist ganz selbstverständlich. Allerdings haben sie auch feine Antennen für Ungerechtigkeit im täglichen Miteinander entwickelt. Das ist schön zu erleben. Und nicht, dass hier ein falsches Bild entsteht: an unserer Schule ist sicher nicht alles rosarot, wir haben hier auch mit den üblichen Problemen zu kämpfen. Ich hoffe aber, dass meine Kinder eines Tages zurückblicken und ihre Schulzeit in guter Erinnerung haben.

  6. Wir als Eltern können schon
    Wir als Eltern können schon glücklich und dankbar sein, wenn unser Kinder Durchschnitt sind. Aber was sollen wir machen, wenn die Kinder selbst das nicht wollen? Wenn sie vergleichen und eben von alleine besser sein wollen als andere? Wenn sie traurig sind, dass sie kein Sternchen bekommen haben, obwohl sie doch ihr bestes gegeben haben. Ich bin da ganz entspannt, aber mein Kind ist halt von sich aus sehr ehrgeizig und manchmal enttäuscht, wenn „das beste geben“ nicht ausreicht.

    1. Das mag jetzt unfair,hart
      Das mag jetzt unfair,hart oder kalt.klingen aber, zur Schule gehört auch dazu, dass das kind nichtmehr automatisch der.die. beste ist. Wie im Sport auch wird ein Kind Nummer damit konfrontiert dass es auch Mal „scheitert“, Mal nicht gewinnt und das Mal jemand anders das Sternchen bekommt etc. Das gehört zum Wachsen und weiterentwickeln eines Kindes dazu.
      Wir können für das Kind da sein und ihm zeigen dass wir es immer unterstütztent etc. Egal was ist. Aber ja, es wird nunmal unweigerlich der Zeitpunkt kommen an dem Kinder lernen mit solchen Rückschlägen zu leben. Dann ist es wichtig dass die Eltern da sind und etwas den Druck raus nehmen wenn nötig…

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