Ihr Lieben, nicht jede Frau kann einfach so schwanger werden, nicht jede Frau ist gänzlich gesund. Aber was, wenn beides zusammenkommt? Das ist nämlich gar nicht so selten der Fall.
Und deswegen waren wir so glücklich, als uns unsere Leserin Ana darauf hinwies, dass es da ein tolles Programm der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) für Frauen gibt, die Multiple Sklerose und einen Kinderwunsch haben.
Die DMSG unterstützt mit ihrem Projekt Plan Baby bei MS seit einiger Zeit MS-Erkrankte mit Kinderwunsch und Eltern mit MS. Die DMSG-BeraterInnen helfen bei allen Fragen rund um Schwangerschaft, Geburt, Stillen und Bewältigung des Familienalltags. Auch bei Beantragung von Leistungen.
Schirmherrin dieses von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung geförderten Projektes ist die ehemalige Bundesfamilienministerin und aktuelle Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig.
Wir dachten, wir wollen es ganz genau wissen – und haben sowohl mit Natascha, einer betroffenen Mama, als auch mit der Initiatorin des Projekts, Dr. Sabine Schipper, ein Interview geführt.
Liebe Natascha, du bist Mutter und hast Multiple Sklerose. Bekamst du die Diagnose vor oder nach deinem ersten Kind?
Ich bin Mutter eines vierjährigen Sohnes. Er ist im Dezember 2015 geboren. Die endgültige Diagnose bekam ich vor meinem ersten Kind im August 2013.
Welche Anzeichen hatte es gegeben – und wie fühlte es sich dann an, Gewissheit zu haben? Niederschmetternd oder auch erleichternd, weil endlich klar wurde, was los war?
Die ersten Anzeichen waren ein verschleiertes Sehen, was sich schlussendlich als Sehnerv-Entzündung herausstellte. Das war im November 2010. Erst ca. drei Jahre später habe ich die endgültige Diagnose bekommen. Bis dahin war ich zwischen Hoffen und Bangen.
Da meine Mutter auch MS hat, war die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ich die Erkrankung ebenfalls habe. Letztendlich war es erleichternd zu wissen was ich habe, da ich nun auch mit einer Therapie starten konnte. Im Juni 2014 habe ich mit einer Tablettentherapie begonnen. Ich nehme es morgens zum Frühstück und abends zum Abendbrot.
Mit unserem Kinderwunsch habe ich es im Januar 2015 abgesetzt und bin drei Monate später mit unserem Sohn schwanger gewesen. Die Schwangerschaft war wundervoll. Ich habe sie sehr genossen.
Leider habe ich im 5. Schwangerschaftsmonat einen Schub bekommen und habe seitdem in der rechten Hand mit Sensibilitätsstörungen, Taubheit und zeitweise auch mit Schmerzen in den Fingern und in der Hand zu tun.
Nun hattest du aber mit deiner Familienplanung noch gar nicht abgeschlossen – ihr wünscht euch noch ein Geschwisterchen für eure Große?
Im Dezember 2017 haben mein Mann und ich uns gesagt, dass wir uns ein zweites Kind sehr gut vorstellen können. Ja, wir wünschen uns ein Geschwisterchen für unseren Sohn. Jedoch hat es bis heute nicht geklappt. Wir versuchen seit mehr als zwei Jahren unser zweites Kind zu bekommen.
Im März 2019 haben wir uns in einem Kinderwunschzentrum vorgestellt. Es hat sich dabei herausgestellt, dass mein Mann das OAT-Syndrom hat. Wir haben uns dann jedoch gegen eine Kinderwunschbehandlung entschieden, da nicht nur mein Mann, sondern auch ich Hormone nehmen müsste. Dies würde jedoch die Wahrscheinlichkeit eines MS-Schubs erhöhen.
Sollte es auf natürlichem Weg noch einmal klappen, würden wir uns sehr freuen. Wenn nicht, dann soll es nicht sein.
Wie fühlt sich dieser Wunsch, diese Sehnsucht an, kannst du das beschreiben?
Bei mir sind schon oft deswegen Tränen geflossen. Erst recht, wenn unser Sohn sagt, er wünscht sich ein Geschwisterchen.
Nun heißt es ja, dass die Symptome der MS in einer Schwangerschaft durch die Hormone sogar leichter werden…
Das kann ich persönlich nicht bestätigen. Die Schwangerschaft war sehr schön und ich habe die Zeit sehr genossen. Was das Ganze jedoch ein wenig getrübt hat war der Schub mit den bleibenden Sensibilitätsstörungen und Schmerzen in den Fingern, die hin und wieder zu spüren sind.
In der Zeit nach der Geburt, heißt es wiederum, ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, einen Schub zu erleiden. Ich habe meinen Sohn fast sechs Monate voll gestillt und nach ca. neun Monaten abgestillt, um dann wieder Tecfidera, also das Medikament, zu nehmen. Während dieser Zeit und bis heute hatte ich keinen Schub bzw. keine neuen Symptome.
Insgesamt geht es mir heute sehr gut und ich bin froh, dass die MS bisher so leicht bei mir verläuft, was, so vermute ich, sicherlich auch mit dem Medikament zusammenhängt, das ich mittlerweile seit mehr als drei Jahren nehme und sehr gut vertrage.
Wer hilft dir gerade durch diese Zeit am meisten?
Wenn es mir mal nicht so gut geht, rede ich mit meinem Mann darüber. Als wir uns im Oktober 2012 kennenlernten, damals hatte ich ja noch nicht die endgültige Diagnose, bin ich gleich offen mit der MS umgegangen und habe ihm gesagt, dass es sein kann, dass ich diese Erkrankung habe.
Aber auch meinem Sohn gegenüber gehe ich ehrlich mit der Erkrankung um. Er weiß zum Beispiel, dass ich Tabletten nehmen muss, damit es mir weiterhin so gut geht. Meine Eltern haben ebenso immer ein offenes Ohr für mich.
Gerade meine Mama, die aufgrund derselben Erkrankung gut nachvollziehen kann, wie es mir geht, auch wenn sie andere Symptome hat.
Wenn du an deine Familie denkst: Welche Gefühle überkommen dich da?
Liebe, Dankbarkeit, Glück. Ich bin unendlich dankbar für jeden Tag, den ich mit meiner kleinen Familie verbringen kann.
Und wenn dir ein Blick in die Zukunft genehmigt würde: Hättest du Lust, zu schauen, wie es weitergeht?
Wir hoffen natürlich, dass es doch noch mit einem zweiten Kind klappt. Unser großer Wunsch ist es ein Haus mit Garten zu haben, wo unser Sohn aufwachsen kann.
Was möchtest du anderen Kinderwunschmüttern gern mit auf den Weg geben?
Der Kinderwunsch war sehr groß bei meinem Mann und mir und gerade, weil es immer heißt, dass sich eine Schwangerschaft positiv auf die MS auswirkt, gab es für mich keinen Grund mich dagegen zu entscheiden. Dass ich während der Schwangerschaft dann doch einen „kleinen“ Schub hatte, ändert für mich nichts daran, dass ich gerne noch ein zweites Kind bekommen möchte.
Die Zeit wird es letztendlich zeigen, ob es dazu noch kommen wird. Ich denke wir sollten uns nicht unter Druck setzen und die Hoffnung nicht aufgeben.
Bitte lest hier auch noch das Interview mit Ärztin Dr. Sabine Schipper: „Hilft eine Schwangerschaft bei MS?