Ihr Lieben, ich weiß nicht, ob ihr auch Familien habt, mit denen ihr gern in den Urlaub fahrt – das funktioniert ja auch nicht mit allen. Aber wir haben da so eine Familie, mit der wir gern wegfahren, weil nicht nur wir Erwachsenen uns super verstehen – sondern auch die Kinder. Weil wir fast identische Ansichten zu Sightseeingfrequenz und Entspannungsetappen haben und wir ähnlich locker mit unseren Urlaubskindern umgehen.
Zusammen verbrachten wir also mal zwei wirklich wundervolle Wochen in Dänemark. Wir hatten zwei recht günstige Ferienhäuschen am Strand, so dass wir uns gegenseitig besuchen konnten. Und vor allem die Kids immer entweder in ihrem oder in unserem Garten spielten.
Es war das erste Mal in meiner gesamten Mutterkarriere, dass ich fünf Bücher in zwei Wochen Ferien verschlang. Einfach, weil die Kinder ja sich hatten. Da auch das Wetter noch so wunderbar mitspielte, war das echt rundum perfekt.
Aber der Urlaub hatte Nachwirkungen. Lynn Andersen, die Mama der anderen Familie, zog sich danach nämlich zurück in ihr Kämmerlein – und was dort entstand, räusper, macht mir jetzt zugegebenermaßen doch ein bisschen Angst. Denn sie schrieb einen Thriller. Einen Roman, der genau dort spielt, wo wir zusammen waren: Dänische Dämmerung (Affiliate Link).
Und – HILFE! – es wird ein deutsches Ehepaar ermordet aufgefunden. In einem Sommerhaus an der dänischen Nordseeküste. Ähem. Nun. Also. Ich gehe mal fest davon aus, dass das… – also zum Glück lebe ich ja noch! Fiktion, Fiktion, der Roman ist natürlich ausgedacht. Ich bin trotzdem stolz, dass dieser Urlaub Lynn mit zu diesem Werk inspiriert hat. Ich wollte doch jetzt nochmal genauer nachfragen…
Liebe Lynn, unser gemeinsames Urlaubsdorf ist nun Kulisse deines Thrillers „Dänische Dämmerung“ geworden. Wer genau stand denn nun eigentlich Pate für das ermordete deutsche Ehepaar, ähäm?!
Lynn Andersen: Ein sehr sympathisches Ehepaar. Aber auch wenn ihr ebenfalls sehr sympathisch, seid, dir und deinem Mann würde ich niemals etwas zu Leide tun. Nicht mal schriftlich.
Nun ist das Buch ja tatsächlich etwas für Thriller-Fans… dass nur der kleine Sohn des Ehepaars übrig bleibt, macht mir ein bisschen Angst, es komplett zu lesen. Schafft man das als Mutter, du hast ja schließlich selbst zwei Kinder…?
Lynn Andersen: Frag mal wie es mir ging, das nicht nur zu lesen, sondern selbst aufzuschreiben. Aber manchmal muss eine Autorin tun, was eine Autorin tun muss. Für die Spannung geht man dann auch mal an die Grenzen.
Aber ganz ehrlich: Man kann das Buch gerade gut als Mutter oder Vater lesen. Es geht darin nämlich auch viel um Beziehungsthemen, das Scheitern am Anspruch eine perfekte Familie sein zu wollen und um wahre Liebe.
Du bist ähnlich wie ich irgendwann, von Berlin aufs Land rausgezogen. Kommen dir in der Einsamkeit und Stille die besseren Ideen? Oder woher nimmst du die Fälle, die dann den Weg in deine Bücher schaffen?
Lynn Andersen: Sie kommen immer dann, wenn ich mich frage: Was könntest du denn als nächstes schreiben? Wo und wann das ist, bestimme ich ganz allein.
Das Landleben hilft natürlich ein bisschen dabei. Denn dort kann man super beim Spaziergang oder beim Joggen nachdenken. Aber auf der Zugfahrt in meine alte Heimat Berlin sind mir auch schon richtig gute Ideen gekommen – und da befindet man sich ja genau zwischen Stadt und Land.
Im Buch verschwindet irgendwann auch die Ehefrau des Kommissars, der Fall wird immer verworrener. Wie machst du das beim Bücherschreiben, sprichst du dann mit echten Kommissaren, fährst du zum Recherchieren raus?
Lynn Andersen: Da ich ja auch Journalistin bin, könnte ich niemals etwas schreiben, das total unwahrscheinlich ist. Deshalb habe ich für dieses Buch tatsächlich mit dem Pressesprecher der Polizei Osnabrück gesprochen. Ich wollte, dass mein Protagonist, Daniel Konermann, einen Lebenslauf hat, der realistisch ist und seinem Alter entspricht.
Für meinen zweiten Roman Luderplatz (Affiliate Link) habe ich mich sehr lange mit einer Rechtsmedizinerin unterhalten, die wirklich einen schönen schwarzen Humor hatte. Oder ich habe mit der Berliner Feuerwehr über die Bergung von Wasserleichen gesprochen. Meistens fließt dann etwas aus diesen Gesprächen mit in die Geschichte ein.
Ach ja, in unserem Dänemarkurlaub bin ich über den örtlichen Friedhof geschlendert und habe mir typisch dänische Namen von Grabsteinen aufgeschrieben und in unserer Ferienhaussiedlung habe ich mir Straßen- und die Kosenamen der kleinen Häuser notiert.
Mein Onkel ist Arzt, er gab mir mal einen Tipp für einen fast perfekten Mord und ein Freund ist Segler, der konnte mir was zu einem bestimmten Sturm sagen, der auch in der Dänischen Dämmerung über das Land fegt.
Und wie denkst du dir die Handlung aus? Wirklich an einem großen Tapetenblatt, auf dem die Handlung aufgemalt wird, so wie man sich das so vorstellt?
Lynn Andersen: Ne, bei mir beginnt alles ein paar Nummern kleiner. Mit einem Notizbuch, das ich immer bei mir habe und in dem auch mal Einkaufslisten zu finden sind und die nächsten Netflix-Serien stehen, die ich noch gucken muss. Da kommt alles rein, was ich mir zu einer Geschichte überlege. Stichworte, erste Handlungsstränge, mögliche Namen, Orte, Mordmethoden.
Von da geht es dann später in ein erstes Word-Dokument, dass dann „Notizen und Ideen“ heißt. Und irgendwann wird daraus ein Exposé, also eine Handlungszusammenfassung, die dann mein Agent zu sehen bekommt. Sagt er, das ist gut, mache ich weiter mit den Probeseiten.
Allerdings hatte ich dieses Mal tatsächlich vor, mir einen Ablaufplan an die Wand zu hängen, aber irgendwie hat es nicht geklappt. Stattdessen schreibe ich Veränderungen lieber ins Notizbuch. Manchmal muss ich auch richtig rechnen, wenn die Handlung in mehreren Zeitebenen stattfindet zum Beispiel.
Und ich brainstorme zwischendurch mit einer Freundin, die auch Autorin ist und die die Namen meiner Protagonisten besser im Kopf hat als ich. Die findet jeden logischen Fehler und hilft auch dabei sie aufzulösen!
Nach einigen Krimis ist dies nun dein erster Thriller. Warum war dir das mal ein Bedürfnis? Und zu allerletzt. Warum spielt er genau dort, wo wir zusammen mit den Kids einen der entspanntesten Urlaube ever verbrachten 😉?
Lynn Andersen: Spannende Geschichten zu erzählen, das ist mein Bedürfnis. Ob dann am Ende ein Krimi oder Thriller daraus wird, eine Liebesgeschichte oder eine Komödie, ist für mich eigentlich nebensächlich. Dass es jetzt ausgerechnet Dänemark sein musste, lag genau an dieser Entspanntheit, die wir dort alle erlebt haben.
Alle Türen sind offen, jeder fühlt sich absolut sicher, die Menschen sind freundlich, das Dosenbier schmeckt und die Hot-Dogs sowieso. Und genau dann, wenn alles perfekt ist, also an so wunderbar unschuldigen Orten und in den schönsten Momenten, stelle ich mir eigentlich immer die Frage: Was wäre, wenn…
Und, schwupps, befinde ich mit mitten in einem Mord-Szenario. Ich schätze, das ist eine Art Berufskrankheit von mir.