Wie geht Dein Sohn damit um?
Er versteht es und konnte sich glücklicherweise schon sehr früh klar äußern, wenn sein Körper eine Reaktion zeigte. Außerdem hat er zum Glück auch als kleines Kind schon immer alles von uns absegnen lassen und nicht einfach etwas von Anderen angenommen. Wir machen ihm immer wieder bewusst, dass er nicht einfach irgendwas essen darf, ohne dass wir es kontrolliert haben. Manchmal gibt es allerdings Situationen, in denen er wütend wird (wenn er z.B. unterwegs nicht spontan ein Eis essen darf) und einmal ist er einfach unvermittelt in Tränen ausgebrochen und hat geschluchzt, dass er Angst hat zu sterben. Das bricht einem das Herz.
Wie beeinflusst die Allergie Euren Alltag?
Hundertprozentige Sicherheit gibt es nie. Zum Beispiel hat einmal eine Vertretungskraft, die unseren Sohn nicht kannte, im Kindergarten Erdnüsse an die Kinder verteilt. Zum Glück haben die Kinder(!) das bemerkt und sofort Alarm geschlagen, aber solche Vorfälle zeigen, dass wir unser Umfeld immer wieder „updaten“ müssen. Wichtig ist vor allem, dafür zu sorgen, dass wenn es eben doch zu Kontakt kommt, unverzüglich gehandelt werden muss: Es muss immer ein Notruf abgesetzt werden!
Außerhalb der Kita ist immer mindestens ein Elternteil bei ihm oder eine andere Person, die wir natürlich aufgeklärt haben. Er hat IMMER sein Notfallset dabei. Dieses enthält zwei Epipens (selbstauslösende Adrenalinspritzen), Zäpfchen, seine Krankenkassenkarte und seinen Allergiepass mit entsprechenden Anweisungen. Schwierig sind Dinge wie spontanes Eis essen im Sommer, Einkaufen beim Bäcker, Restaurantbesuche… Da müssen wir immer wachsam sein. Asiatisch essen gehen z.B. geht gar nicht mehr. Außerdem ändern auch große Lebensmittelkonzerne mal eine Rezeptur, sodass wir auch bei uns bekannten, „sicheren“ Lebensmitteln immer und immer wieder lesen müssen, was drin ist.
Außerdem ist vielen Leuten nicht bekannt, dass Erdnüsse keine Nüsse sind (Nüsse darf er nämlich essen). Das führt manchmal zu Missverständnissen. Außerdem macht uns Sorgen, dass die Erdnuss als Zutat gerade einen Aufschwung erlebt, es kommen momentan viele Produkte auf den Markt, die Erdnuss enthalten. Außerdem ist Erdnussöl schmackhaft und gut zum Frittieren geeignet, weshalb immer mehr Pommesbuden darauf umsteigen, also ist auch da Vorsicht geboten.
Bisher haben wir uns ja hauptsächlich im geschützten Raum zwischen Kita und zu Hause bewegt. Mit dem Beginn der Schulzeit wird sich da vieles ändern, er wird sich mehr allein bewegen. Das macht uns schon unruhig, aber auch das wird er lernen, genau wie wir. Die Angst und das Notfallset sind einfach immer dabei!
Wie machst du das, wenn Ihr bei Freunden eingeladen seid oder dein Kind auf einem Geburtstag?
Zum Glück ist das Thema im Kindergarten bekannt und die Eltern sind sehr lieb und verständnisvoll, so dass unser Sohn sich nicht ausgeschlossen fühlen muss, wenn ein Kind im Kindergarten am Geburtstag Kuchen mitbringt. Dann schickt mir z.B. am Tag vorher eine Mutter eine SMS, in der eine Zutatenliste zum Absegnen steht. Mit Essenseinladungen bei Freunden verhält es sich genauso. Schwieriger sind schon offene Grillpartys oder ähnliches, da müssen wir einfach immer hinterher sein und im Zweifelsfall wird der unbekannte Salat eben nicht gegessen. Übrigens auch nicht von uns!
Wie erlebst Du Euer Umfeld? Gibt es auch mal blöde Kommentare?
Ja, die gibt es leider. Dazu trägt sicher bei, dass das Thema Lebensmittelunverträglichkeit immer präsenter wird und beinahe jeder etwas nicht zu vertragen scheint. Da es zudem Leute gibt, die sich ohne medizinische Expertise selbst diagnostizieren, wird z.B. Lactoseintoleranz oder Glutenunverträglichkeit vielerorts mit Augenrollen kommentiert und belächelt und in dieser Schublade landen dann eben auch wir.
Es gibt aber auch viel positives. Die Eisdiele in unserer Nachbarschaft z.B. hat extra für uns die Rezeptur einer Eissorte geändert und nimmt nun statt Erdnüssen Cashewkerne. Außerdem ruft uns der Besitzer immer schon von weitem zu, wenn sie an einem Tag doch mal Erdnusseis anbieten, sodass wir uns das Anstellen sparen und gleich den Weg zum Supermarkt antreten können (um dort sicheres verpacktes Eis am Stiel zu holen). Sowas ist unglaublich toll!
Was würdest Du Dir von deinem Umfeld wünschen?
Einen dringenden Appell habe ich z.B. an Eltern, die mit ihren Kindern auf den Spielplatz gehen: Bitte verteilt nicht einfach Snacks an fremde Kinder! Das ist sicher lieb gemeint, aber kann leider tatsächlich dem Kind schaden (auch wenn es nicht gleich so schlimme Folgen haben muss wie in unserem Fall).
Außerdem ganz allgemein: Liebe Nahrungsmittelindustrie, bitte führt eine klare, verbindliche Kennzeichnungspflicht ein! Das würde Allergikern das Leben unheimlich erleichtern!
2 comments
Danke für die Info
Danke für diesen Artikel. Ich gehöre zu den Leuten, die es immer lustig fanden, dass überall drauf steht „kann Spuren von Erdnüssen enthalten“, aber wenn diese Allergie schon bei winzigen Mengen so krass sein kann, ist das natürlich klar.
Was für ein toller Artikel!
Was für ein toller Artikel! Sehr gut dargestellt. Ich wünsche der Familie noch viele schöne und rücksichtsvolle Erlebnisse und dass ihr Kind gesund aufwachsen kann. Nur die Krankenhausgeschiuchte stimmt nachdenklich. Dort hätte ich mich wohl auch sicher gefühlt. Aber es scheint, als müsste man selbst dort „nerven“ und für sich kämppfen. Immerhin gab es eine Entschuldigung von der Klinik, ist ja leider auch nicht selbstverständlich.