Gastbeitrag: Kann ich als Hausfrau etwa nicht feministisch sein?

Und, was machst du so? Ach, Hausfrau und Mutter? Das ist ja auch ganz nett. Solche oder ähnliche Reaktionen habe ich, Julia,  schon mehrfach gehört, mich anfangs anschließend selbst in Frage gestellt und später einfach nur geärgert.

Ja, es ist nicht fancy und ich bereise nicht auf Firmenkosten die Welt; die Entscheidungen, die ich treffen muss, sind selten politisch und die Tragweite umfasst nicht mehrere Millionen Euro oder zig Arbeitsplätze; ich trage ganztägig Schlabberklamotten und wenn ich mal geschminkt bin, fällt das direkt jedem auf. Dafür habe ich die Verantwortung für zwei kleine Menschen, die Hilfe, Begleitung und Liebe brauchen, um sich in unserer Welt zurecht finden zu können. Und das ist eine Priorität, die ich jedem Managerdasein in der Wirtschaft vorziehen würde.

So what?

Jeder hat das Recht nach eigenen Bedingungen und Bedürfnissen, im Rahmen seiner Möglichkeiten zu entscheiden, wie er sein (Familien)Leben gestalten möchte.

Ich möchte mir da nicht anhören müssen, dass ich Ressourcen verschwende, in dem ich nicht mehr meinem erlernten Beruf nachgehe, ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, ich sei ein naives Heimchen, dass gar keinen Plan von der "echten" Welt hat und ich finde es anmaßend, nicht erwerbstätigen Müttern, die das klassische Rollenmodell gewählt haben, anti-Feminismus vorzuwerfen, weil schließlich viele Frauen für die heutige Freiheit und Gleichberechtigung gekämpft haben, ich diese aber nun so nutze, dass ich mich (dank dieser Freiheit) g e g e n  eine Berufstätigkeit entscheide. Wichtig ist doch nur, d a s s  ich diese Freiheit habe, selbst zu wählen, oder?

Das ist eine ganz individuelle Entscheidung. Die JEDER für sich selbst trifft.

Ich lasse jetzt mal die Familien aus,  die auf Grund äußerer Umstände zu der einen oder anderen Entscheidung gezwungen sind (denen ich von ganzem Herzen echte Wahlfreiheit wünschen würde), sondern beschränke mich auf meine eigene Situation- die aber womöglich auch andere Frauen anspricht.

Klar, habe auch ich abgewogen, in welche Richtung es mich eher zieht und die ungünstigen Bedingung in meinem Job als Erzieherin sind für mich zu wenig reizvoll, um die Schattenseiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aktuellin Kauf zu nehmen. Ich betone immer wieder, dass der Beruf der Erzieherin wahnsinnig wertvoll ist und wirklich viele tolle Facetten hat, nichts desto trotz ist es oft mit einem hohen körperlichen Einsatz, zu wenig Zeit für echte Zuwendung und einer demotivierenden Bezahlung verbunden.

Es wäre m.E. viel "ertragreicher", den Elementarbereich und den ganzen Bildungssektor zu stärken, statt im Nachgang viele "Krankheitssymptome" verarzten zu müssen. Der Fachkräftemangel im gesamten Bildungs- und Pflegebereich ist ein massives Problem. Und abgesehen von dem Idealismus, den vermutliche viele mitbringen, um in solchen Berufen "alt" zu werden, ist es auch mit vielen Einbußen in gesundheitlicher und finanzieller Hinsicht verbunden.

Aber ich schweife ab. Eigentlich möchte ich mich nicht groß rechtfertigen und auch nicht den Eindruck erwecken, ich sei mir zu schade zu arbeiten. Es ist für mich nur nicht (mehr) so erfüllend, dass ich die belastenden Faktoren, die sich letztlich auch auf meine Familie auswirken würden, hinnehmen möchte.

Nun habe ich das Glück, dass mein Mann sowohl Befriedigung, als auch gute finanzielle Anerkennung in seinem Beruf findet. Natürlich erfordert das einen hohen zeitlichen Einsatz, der ihn und uns oft herausfordert, aber es gibt kein Szenario (ohne erhebliche Einbußen), wo wir uns die Erwerbsarbeit aufteilen könnten. Also leben wir weiterhin das klassische Modell. Ich kümmere mich um einen Großteil der Familienaufgaben und mein Mann beteiligt sich, wo er kann.

Hier ist auch nicht alles rosa. Ganz ehrlich Hausarbeit ist oft ziemlich unbefriedigend, aber wenn ich wieder einen Durchhänger habe, frage ich mich "warum" ich das alles so mache.

WEIL ICH ES SO WILL.

Ich habe immer schon davon geträumt, die Freiheit zu haben, unsere familiären Bedürfnisse an erste Stelle zu setzen. Heißt, wenn ein Kind krank ist, Veranstaltungen in Kita und Schule sind, ich selbst Termine habe- oder einfach etwas für mich tun möchte, muss ich mich niemandem gegenüber rechtfertigen, sondern kann mich kümmern, wenn, bzw. wann es notwendig ist.

Dafür verzichte ich im Gegensatz zu einigen berufstätigen Müttern in meinem Umfeld z. B. auf eine Putzkraft. Was ich überhaupt nicht verurteile- jeder darf sich sein Leben so einfach machen, wie er es kann. Ich möchte damit nur sagen- keine Frau (und auch kein Mann), kann ALLESalleine schaffen. Man kann natürlich den Anspruch haben und auch da hat jeder unterschiedlich viel Energie für, aber für mich war es eine befreiende Erkenntnis. Wir alle haben durch unsere Kinder und Haushalt einen ähnlichen Umfang an Aufgaben und der Tag berufstätiger Mütter hat nicht automatisch mehr Stunden, sie verteilen ihre Ressourcen nur anders. Ich bringe also nicht zwangsläufig weniger, nur andere Leistung. Und das ist auch okay so, solange es für mich, für uns die richtige Entscheidung ist. Jetzt.

Willst du dann nie wieder arbeiten gehen?

Was soll ich denn darauf mit Anfang 30 antworten? Noch dazu mit kleinen Kindern. Und selbst wenn, nur weil meine Tätigkeiten keinen monetären Ertrag bringen, können sie dennoch wertvoll sein. Und wenn es "nur" für mich ist. Die letzten Jahre habe ich mich (beinahe) ausschließlich um meine Kinder gekümmert, nun wo die ein wenig unabhängiger werden, öfter auch ohne mich spielen oder außer Haus sind, nehme ich mir Zeit, um an meinen Themen zu arbeiten.

Oberflächlich betrachtet könnte ich auch bei DesperateHousewifesmit spielen (okay, vielleicht müsste ich mich dafür ein bisschen öfter stylen 😉 ), aber ganz real bedeutet es, dass ich versuche eine zufriedenere, in mir ruhendere Version von mir selbst zu werden. Alte Wunden aufzuarbeiten, neue Wege zu finden, mich meiner körperlichen und mentalen Gesundheit zu widmen. Keine Ahnung, wie lange das dauern wird, keine Ahnung, was dem wann folgen wird.

Anna von BerlinMitteMom sagte neulich in ihrem Podcast "Kaffee, Stulle, Gin": GO WITH THE FLOW.

Das ist bei mir hängen geblieben. Ich finde zwar Motivationssprüche eigentlich ganz schön, habe mich aber selten irgendwo wiedergefunden- dafür bin ich im Herzen zu pessimistisch. Aber diesen Spruch fand ich total wertvoll. Denn mit Kindern kann man überhaupt nichts planen. Puh! Was für eine harte Lektion. But that´s how it is. Und es hilft mir auch nicht, mich in dem Trübsal zu verlieren, wenn hier mal wieder alles aus den Angeln gehoben wird. Also, versuche ich mit dem Flow zu gehen. Zu akzeptieren. "Das ist jetzt, wie es ist, mach was draus!"

Leben und leben lassen.

So, genug gepöbelt. Ich wünsche mir, dass die Politik es langfristig ermöglichen wird, dass jede Familie die Möglichkeit bekommt, so zu entscheiden, wie sie es sich wünschen und dies nicht zu sehr von äußeren Bedingungen abhängig machen müssen. Und ich wünsche mir mehr Akzeptanz für die jeweiligen Entscheidungen. Diese sind so individuell, wie die Familien selbst. Keine gleicht der anderen, sodass es vermutlich auch keinem Außenstehenden gänzlich gelingen kann, dies nachzuvollziehen.

Von daher, liebe Kritiker, leben und leben lassen. Wir haben nur dieses eine Leben und jeder hat ein Rech darauf, dies so zu gestalten, wie es ihn (oder sie) glücklich macht. Und der Wert einer jeden Tätigkeit, kann nicht nur in Zahlen bemessen werden, sondern auch in Nutzen, Zufriedenheit, Glück, Liebe, Gesundheit uvm.

In diesem Sinne: Habt´s fein.

 

Foto: pixabay


23 comments

  1. Fairness ist das Wichtigste
    Hallo, ich finde den letzten Kommentar sehr gut! Denn wirklich feministisch ist für mich auch die gleiche Bewertung aller familiären Aufgaben! Wenn absehbar ist, dass einer beruflich so stark eingespannt ist, dass er weniger zur familiären Arbeit beitragen kann, dann ist es nur fair, wenn der andere seine Berufstätigkeit dann zurückschraubt, damit er nicht doppelt oder dreifach soviel leisten muss. Heißt zum Einkommen beitragen plus Kindererziehung plus Haushalt! Natürlich sollte dann der Hauptverdiener sein Einkommen gleichberechtigt zur Verfügung stellen, denn er profitiert ja auch gleichberechtigt von der Care- Arbeit. Das Gleiche gilt, wenn beide nun gleich viel berufstätig sind, dann sollte der Rest auch gleich aufgeteilt sein. Und es ist egal, wer die zeitlich intensivere Berufstätigkeit hat, Mann oder Frau.

  2. Wann ist man feministin
    Eine Feministin zu sein bedeutet nicht die freie Wahl zwischen Beruf und Haushalt zu haben. Feminist/in ist man, wenn man sich der strukturellen Ungleichbehandlung der Geschlechter in unserer Gesellschaft bewusst ist und so handelt, um diese möglichst zu neutralisieren. Dazu gehört für mich, sich u.a. aus der eigenen Unmündigkeit zu befreien. Eine Feministin kann natürlich auch Hausfrau sein, wenn sie zum Beispiel ihre Kinder feministisch erzieht und mit dem familienverdiener eine Abmachung zu ihrer finanziellen (alters)Absicherung ausgehandelt hat. Darauf geht die Autorin leider garnicht ein und insofern ist die Überschrift leider irreführend. Dass man die Wahl hat zwischen arbeiten gehen oder nicht ist für mich kein Politikum.

    1. Vielen Dank…
      …du hast es sehr schön auf den Punkt gebracht!
      Was mich bei den lesen der Kommentar erstaunt hat, war wieviele ihren Beruf anscheinend nicht mögen/ erfüllend finden. Kinder sollten nicht die Ausrede dafür sein das man sich selbst nicht mit seiner beruflichen Identität auseinandersetzt.
      Bei dem klassischen Model tuen mir die Väter leid. In was für eine Rolle werden sie gesteckt und immer der Druck der Ernährer der Familie zu sein aber kaum was von seinen Kindern zu haben.
      Ja ich gebe als berufstätig Mutter Zeit mit meinen Kindern her, und ja es ist teilweise schwierig aber mein Mann hat viel dazu gewonnen. Und die Kinder erst recht!!!

  3. Liebe Julia, du schreibst mir
    Liebe Julia, du schreibst mir aus voller Seele. Ich hoffe, du hast diese Kommentare, die dich so kritisieren oder dir Besserungsvorschläge geben, erwartet und kannst sie gekonnt an dir abprallen lassen. Wieso müssen wir uns das Leben in dieser Gesellschaft gegenseitig so schwer machen?! Ich finde, du hast für dich genau das Richtige entschieden und denke an dich, wenn ich das nächste Mal mit meinen Kindern in der Sonne spiele und alle anderen ihre Zeit sonstwo verbringen. Und was wir in Zukunft machen? Kommt Zeit, kommt Rat. In diesem Sinne….genieße weiterhin dein Leben.

  4. Liebe Julia, vielleicht wäre
    Liebe Julia, vielleicht wäre eine komplette berufliche Neuorientierung doch vielleicht eine Option für dich? Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass der Beruf der Erzieherin auf Dauer nicht erfüllend ist. Aber mit Anfang dreißig ist es nicht zu spät, beruflich nochmal was Neues zu wagen. Arbeiten kann auch verdammt viel Spaß machen und erfüllend sein. Und es ist nunmal auch ein tolles Gefühl, nicht den ganzen Tag in Schlabberklamotten rumzulaufen, sondern sich in der Berufswelt zu behaupten. Dann hat man auch den Kindern und dem Mann was spannendes zu erzählen und fühlt sich insgesamt ausgeglichener, weil man noch ein eigenes aufregendes Leben hat.

  5. Meine Mutter war Hausfrau und
    Meine Mutter war Hausfrau und hat uns vorgelebt, dass wir alle eine gute Ausbildung brauchen, um am Ende die Wahlfreiheit zu haben, um sich sich emanzipieren zu können und es auch mitzubekommen, wenn einen ein Mann abwerten möchte. Meinen Brüdern wurde beigebracht, dass die Hausarbeit genauso wichtig ist, wie Erwerbsarbeit. Gerade weil (!) sie zu Hause war, konnte sie uns das Bild der starken Frau vermitteln! Daneben war sie diejenige, die bestimmt hat, wofür Geld ausgegeben wird, wer welche Pflichten hat und sie hat sich ehrenamtlich engagiert.

    Und ganz nebenbei ist Haushalt und Kindererziehung teilweise knallhart. Das bestätigt jeder Mann, der das mal übernommen hat.

  6. Meiner Meinung nach ist es
    Meiner Meinung nach ist es feministisch wenn man sich wirklich frei entscheiden kann wie man leben möchte und das dann auch tut ! Egal wie! Und zu unserer Situation und dem immer herunter gebeten finanziellen Absicherung: ich bin ergotherapeutin, in Teilzeit verdient man kaum genug zum Leben, und die Rente wird später auch nicht reichen. Und wer weiß was in 40 Jahren ist wenn ich kn Rente gehen kann? Kann ich überhaupt jemals in Rente gehen? Werde ich überhaupt so alt? Wir leben jetzt. Jetzt passt das Lebensmodell so wie es ist. Ja wir leben klassisch. Aber eher aus den Umständen. Mein Mann ist selbstständig mit seinem Vater und Cousin. Die Arbeit ist auch vom Wetter abhängig. Er ist der hauptverdiener. Also liegt die Verantwortung für die Kinder tagsüber bei mir, damit er abrieten kann. Für mich lohnt sich arbeiten ein paar Stunden nicht, das wäre dann mein Hobby. Ich bin auch nicht gerne arbeiten gegangen, aus verschiednen gründen und werde mit ziemlicher Sicherheit eine neue Ausbildung machen wenn die Kinder alt genug sind. Und dann kann ich immer noch 30 Jahre arbeiten. Meine Kinder brauchen mich jetzt. Sind jetzt auch Kita frei. Das passt alles für uns so. Ich arbeite auch den ganzen Tag, meist ohne Pause, bzw erst Pause wenn mein mann nach Hause kommt. Und er hilft soviel er kann. Da es unsere Kinder sind, unser Haushalt etc. Aber das ist unser Leben, für uns passt es so. Und für andere passt etwas anderes. Aber in Gesprächen höre ich oft heraus das viele gern anderst leben würden wenn sie könnten. Wenn es ginge. Oft geht es wirklich nicht anderst, aber oft hängen sie selbst an so Dogmen und an dem „was man macht“. Schade eigentlich.

  7. Dieses Thema ist so was von
    Dieses Thema ist so was von durchgenudelt mittlerweile, aber sorgt doch immer wieder für Streitgespräche und die altbekannte Stutenbissigkeit :)). Kommt mir auch so vor, als ob keine Seite der anderen zuhört, deshalb ist das Ganze auch relativ sinnlos. Trotzdem muss ich meinen Kommentar auch noch loswerden.
    Die erste Kommentatorin unterstellte, es würden wohl viel mehr zuhause bleiben, wenn sie es sich leisten könnten: NEIN. Woher will sie das wissen? Ich find es viel erfüllender beides zu haben, Familie und Beruf. Da schwingt so mit, das Beste fürs Kind wäre nur zuhause zu sein, wieder ein dickes NEIN. Warum sollte das besser sein. Die Kita ist doch das vielbeschworene Dorf, das es braucht, um ein Kind großzuziehen, warum sollte ich diese Erfahrung meinem Kind ohne Not vorenthalten? Warum soll es gut sein, auf viele schöne Dinge wie Urlaube zu verzichten, nur damit das Kind staendig mit Mama abhängen kann, wo andere Kinder doch viel interessanter sind. Und dass die klassische Hausfrauenrolle feministisch sein soll, ist doch ein Witz oder?

  8. „Versorger“ …. „was ist
    „Versorger“ …. „was ist wenn er Dich verlässt, dann stehst Du da…“

    Immer wieder schwingt auch mir so ein Ton entgegen. Seit über acht Jahren bin ich glücklich mit den Kindern daheim. Wir wollen das so. Ja, finanziell machbar. Abstriche muss man überall machen wenn man nicht tonnenweise Geld besitzt. Isst. Mein Mann ist nicht mein Versorger, ich bin auch nicht von ihm abhängig. Wir sind eine Familie, in der jeder seine Aufgabe hat und seinen Platz.Ich habe geheiratet um mit meinem Mann zusammen zu bleiben bis das uns der Tod irgendwann vermutlich trauriger Weise scheiden wird. Wie so oft geredet wird, dass Hausfrauen sich absichern müssen weil wenn der Mann dann mal weg ist steht man dann da. Grossartig so ein eine Ehe zu gehen. Wieso lässt sich heute kaum noch jemand darauf ein und geht immer davon für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, auch wenn sie unwahrscheinlich sind. Wo bleibt das Vertrauen? Es heisst nicht, dass man nicht vorsorgen muss, aber es heisst das wenn jemand SO leben will und nicht SO es genauso gut ist wie der der es eben SO oder SO macht! Wo bleibt die Akzeptanz und de Respekt füreinander? Ist es der Neid der mitschwingt?
    Julia sagt es so wie es ist. Es wird einfach Zeit das man die Freiheit die man hat auch Leben darf OHNE ewig von der Seite angeschaut zu werden.

  9. Kommentare
    Warum reagieren die meisten Leser auf diese Lebensweise derart aggressiv? Vielleicht doch Neid? Ich persönlich befürworte auch das klassische Modell. Wenn man sich es leisten kann. Meiner Erfahrung nach können das sogar recht viele. Aber meist behaupten diejenigen, dass sie es nicht könnten, weil sie sonst in finanzielle Schwierigkeiten geraten würden. Fahren aber 3x pro Jahr in Urlaub, haben zwei Autos, die zusammen fast so viel kosten, wie eine Eigentumswohnung und vieles mehr. Da sind halt die Prioritäten anders gesetzt. Und die Sache mit der Altersvorsorge ist auch bei Doppelversienern keine Garantie gegen Altersarmut. Hat mal jemand ausgerechnet, wieviel Rente er bekommt? Tatsächlich? Mit Inflation? Und ob das ganze Sparersystem bis dato (bis ich in Rente gehe sind es noch gut 30 Jahre) noch steht, ist ebenfalls eher fraglich. Also ich buckel jetzt nicht die nächsten 30 Jahre in einem wenig erfüllendem Job, nur um dann mit Mitte 60 festzustellen, dass die ganze Vorsorge für die Katz war. Man lebt doch jetzt. Warum soll ich jetzt die ganze Zeit daran denken, was ich in 30 Jahren mache. Vielleicht gibt es mich dann schon gar nicht mehr. Wenn ich mich vorher kaputt arbeite, könnte das passieren. Und wenn das mit dem Partner gut klappt, warum denn dann nicht? Dann kommt wieder jede Menge „wenn“ und „aber“. Ihr müsst ja nicht dieses Modell leben. Aber gönnt ihr denen, die es tun, denn die Butter auf dem Brot nicht?

    1. Ich danke dir…
      …für diesen Kommentar. So sehe ich es auch. Und Julia wünscht sich ja genau das- die Akzeptanz, dass jeder so leben darf, wie es seine Bedürfnisse und Lebenssituation hergeben. Und genau, dieses kritisiert werden, ist ja der Anlass ihres Textes.
      Ganz schlimm find ich die Prophezeiungen: wenn die Ehe in die Brüche geht, steht sie dumm da. Puh! Ob Julia da wirklich so naiv und unreflektiert rangeht, wie ihr unterstellt wird? Wirklich schade, dass statt mehr Vielfalt und Akzeptanz, immer wieder diese Anfeindungen kommen.

    2. Hervorragend!
      Ich danke für diesen Kommentar! Mehr ist nicht zu sagen.

      Viele Grüße von der Teilzeit arbeitenden Feministin (!) , die auch gerne mehr Zeit für Familie und Zuhause hätte (was manche hier als Feminismus definieren…)

    3. Neid worauf denn genau? Auf
      Neid worauf denn genau? Auf das Putzen, Kochen, Einkaufen am Vormittag, stundenlange Abhängen auf dem Spielplatz bei jedem Wind und Wetter und Hausaufgaben-Betreuen am Nachmittag???? Und dies jeden Tag und als einzigen Lebensinhalt und vor Allem : unentgeltlich????? Nicht wirklich.

  10. Auch ich kann deine
    Auch ich kann deine Entscheidung nachvollziehen vor allem im Hinblick auf die Bezahlung in deinem Beruf. Allerdings handelt es sich dabei zwar um eine freie Entscheidung, nicht jedoch um eine feministische. Denn diese Entscheidung trägt weder zu deiner noch zu der Gleichberechtigung anderer Frauen bei. Im Gegenteil. Es führt zu Abhängigkeit vom Mann und hat negativen Einfluss auf die Rente (30% aller Alleinerziehenden sind von Armut bedroht). Gleichzeitig lebt man den Kindern ein klassisches Modell vor, in dem die Kinder den Vater als Versorger wahrnehmen und die Mutter als Mutter und Hausfrau. Klar kann man das machen! Wir Frauen in Teilzeit sind da ja auch nicht viel besser. Schade ist es trotzdem. Denn wenn beide zb 70% arbeiten gingen, könnten wir in einer gleichberechtigteren Beziehung/Elternschaft leben.

  11. Abhängigkeit
    Klar ist es angenehm, einen „Versorger“ zu haben, der einem den Raum zur Selbstfindung (Arbeit an „eigenen Themen“ finanziert, ohne allzu unschöne Einschnitte im Lebensstandard hinnehmen zu müssen.

    Der Preis dafür? Absolute finanzielle Abhängigkeit vom Partner und im Zeitverlauf auch Verlust der Fähigkeit für sich selbst sorgen zu können (Stichwort Rentenbezüge).

    Es tut mir leid, aber auch eine selbstgewählte Abhängigkeit finde ich nicht besonders „feministisch“.

    Bleibt zu wünschen, dass die Ehe hält.

    1. Selbstgewählt
      Die Autorin lebt eine selbstgewählte Entscheidungen. Auch das bedeuten Feminismus.
      Die finanzielle Komponente muss die Autorin mit sich und Ihrem Mann ausmachen, oder? Es ist geradezu unverschämt der Autorin die „Fähigkeit, für sich selbst sorgen zu können“ abzusprechen.

      Sie hat sich für diesen Weg entscheiden (der nicht jederfraus Sache sein mag), was gibt es also darüber hämisch zu beurteilen?

  12. Schräg
    „Im Gegensatz zu vielen, leiste ich mir keine Putzkraft“. Was soll die Aussage?! Mein Mann und ich arbeiten beide ( weil wir es müssen und auch wollen) aber eine Putzkraft habe wir keine. Können wir uns nicht leisten. De Beitrag klingt für mich extrem von oben herab. In keinster Weise emanzipiert sondern total rechtfertigen und ein bisschen albern. So wie ich Auslese, macht sie ja wirklich gar nichts nebenbei – für sich.

  13. Interessanter Einblick
    Liebe Julia,

    danke für den Einblick in eine Sicht „der Gegenseite“.

    Natürlich hat jeder das Recht, selbst zu entscheiden, wie er sein Berufs-/Familenleben gestaltet. Allerdings denke ich, dass der Großteil der Eltern eher in eine Richtung Entscheidung gezwungen wird und nicht aus freien Stücken eine der Optionen wählt.

    Ich fand deinen Beitrag lesenswert, allerdings fehlt mir an einer Stelle der sprichwörtliche „Blick über den Tellerrand“. An dieser Stelle schreibst du:

    „Ich möchte damit nur sagen- keine Frau (und auch kein Mann), kann ALLES alleine schaffen.“

    Doch, das geht.

    Ich bin alleinerziehend mit einer kleinen Tochter (5) und arbeite 35 h von Montag bis Freitag. Wir „leben“ das klassische Modell, d.h. die Kleine hat ihren Lebensmittelpunkt bei mir und ist an 2 Wochenenden im Monat bei ihrem Papa von Freitag Nachmittag bis Sonntag Mittag (manchmal bis Montag früh).
    Ich kümmere mich somit eigenständig und ohne Unterstützung um sämtliche Alltagsbelange wie Arzttermine, Hobbies, Taxifahrten, Kindergartenveranstaltungen, Schwimmkurs, Spielplatz, Freundinnenbesuche, Krankheiten ect.
    Dazu führe ich meinen Haushalt alleine – ohne Haushaltshilfe und es gibt jeden Tag selbstgekochtes Essen. Deswegen sieht es bei uns aber auch nicht unordentlich oder schmutzig aus und ich vernachlässige auch mein Kind nicht, um Zeit für die Haushaltstätigkeiten zu finden.

    Ich bewohne mit meiner Tochter eine kleine Doppelhaushälte (Eigentum). Diese habe ich weder geerbt noch geschenkt bekommen, sondern ich habe sie finanziert. Ich erhalte weder Unterhalt (für mich) von meinem Ex-Mann (habe diesen auch nie erhalten) noch habe ich etwas geerbt oder bin sonst auf eine Art zu einem Geldsegen gekommen. Ganz im Gegenteil: Zu Beginn meiner Zeit als „Alleinerziehende“ musste ich wirklich ganz genau Haushaltsbuch führen und war für das 1. Jahr auf einen zusätzlichen 450-Euro-Job angewiesen, bis ich nach 12 Monaten in meinem Hauptjob die Stunden hochfahren konnte.

    Jetzt fahre ich mit meiner Tochter 2 x pro Jahr in den Urlaub und ich habe auch ausreichend Zeit für meinen Sport, meine Hobbies und mich. Ich fühle mich gut und nicht überlastet. Ich war auch noch nie auf Mutter-Kind-Kur. Auch für die Kontakte zu meinen Freunden habe ich ausreichend Zeit.

    Wenn ich auch eingangs schrieb, dass meiner Meinung nach viele ein Stück weit „zu einer Entscheidung in einer Richtung gedrängt werden“ (durch die äußeren Umstände/Vorkommnisse), so habe ich das Glück gehabt, diese Option für mich selbst wählen zu können. Ich war in meiner Ehe nicht glücklich. Auch nicht unglücklich – aber eben auch nicht glücklich. Man lebte eher so „nebeneinander her“ in einer Art „Erziehungs-WG mit Kind“. Es gab nie Streit, aber auch nicht wirklich viel Konsens. Und so kam es dazu, dass ich mich nach einer Phase des „In-mich-Gehens“ aus eigenen Stücken vor 3 Jahren von meinem Ex-Mann getrennt habe.

    Das war ein kleiner Einblick in „die Welt der Anderen (der Alleinerziehenden)“ – so wie es AUCH geht. In den Medien wird immer nur über die „armen“ Alleinerziehenden“ berichtet, es wird ein Bild von 1-Eltern-Familien mit unterversorgten, unglücklichen Kindern am Rande der Armutsgrenze gezeichnet. Zumindest nehme ich das so wahr. Ich kenne aber viele Alleinerziehende, die einen ähnlichen Lebensstandard haben wie ich.

    Und ja: Man kann es schaffen. Nötig dazu sind dazu der Wille aus tiefster Überzeugung und dann ein Terminplaner, vorausschauende Planung und Freizeit-/Lebensgestaltung und ein gesundes Maß an Selbstvertrauen. Ein Job, der gut entlohnt wird und ein gesundes, aufgewecktes Kind tun ihr Übriges. Aber es geht auch mit weniger Geld und einem sehr genauen Haushaltbuch.

    Ich würde mich jederzeit wieder so und nicht anders entscheiden.

    In diesem Sinne, danke für die Zeit. Und weiterhin die Freiheit, selbst entscheiden zu können. Denn das ist der wichtigste Grundbaustein zum Glück.

    1. die Autorin ist doch nicht alleinerziehend
      @ Marina:

      Irgendwie liest sich dein Kommentar wie eine Art Rechtfertigung oder „Ode“ an die Alleinerziehenden? Ich bekomme die Schleife grad nicht. .. ???

      1. …. @ Anna: das stimmt, allerdings …
        … las sich ihr Beitrag für mich so …. „undurchsichtig“ und auf eine gewisse Art und Weise ein wenig „hadernd“.

        Die Autorin schreibt zwar, dass sie sich nicht rechtfertigen möchte, dennoch klingt der Großteil ihres Beitrags nach einer einzigen Rechtfertigung.

        Und ich hatte irgendwie den Eindruck, als sei sie in einem „Findungsprozess“ ….
        Viele ihrer „Kommentare“ erinnerten mich an die letzte Zeit meiner Ehe.

        Sie schreibt, die Bezahlung als Erzieherin sei demotivierend, da bleibt sie lieber bei den Kindern.
        Sie schreibt, die Arbeit als Erzieherin würde sich belastend/ungünstig auf die Familie auswirken, der Mann sei viel unterwegs ….
        Sie schreibt „weil ich es so will“ in Großbuchstaben und schreit es somit heraus …
        Sie schreibt: Was soll ich denn darauf mit Anfang 30 antworten? Noch dazu mit kleinen Kindern.
        (Ich war Ende 30 als ich ging) ….
        Sie schreibt von mentaler Gesundheit, um die es offensichtlich nicht 100 % positiv steht ect ….

        Ich kenne solche „Zeilen“. Allerdings wurde mir diese von meinem Ex-Mann entgegengeschmettert. Mit dem Ziel, mich „klein zu halten“ und mir klar zu machen, dass ich auf ihn angewiesen bin und es niemals alleine schaffen würde.
        Er prophezeite mir, dass ich „als Sozialfall“ in Hartz-4 in einem Wohnblock im „Elendsviertel“ enden würde, niemals mit der Kleinen in den Zoo, das Schwimmbad, ins Kino … geschweige denn in den Urlaub könnte ect., da ich niemals finanziell soviel „in die Kasse spülen könnte“, dass man ein vernünftiges Leben führen könne. Er sagte mir auch, dass er meine Tochter zu sich holen würde zu 100 % (weil er sie ja nicht bei einer Hartz-4 Mutter, die Hausfrauen-TV schaut, lassen würde ???) ….

        Mir war die Intention des Posts von Julia nicht ganz klar und ich hatte den Gedanken, dass die Autorin möglicherweise viele Gedanken in sämtliche Richtungen im Kopf hat und sich ihre Situation (mit der sie in meinen Augen nicht glücklich ist) „von der Seele schreibt“. Zu dem Schluss, dass sie unglücklich ist, kam ich bei ihrem Satz: „Ich finde zwar Motivationssprüche eigentlich ganz schön, habe mich aber selten irgendwo wiedergefunden- dafür bin ich im Herzen zu pessimistisch.“
        Diesen Satz finde ich ganz traurig.

        Und liebe Autorin (falls du das liest):

        Danach schriebst du, man könne mit Kindern nichts planen ….
        Das klingt für mich auch wie eine Art Rechtfertigung, weshalb du die Berufstätigkeit „nach hinten angestellt hast“.

        Auch diesen Spruch habe ich so oft von meinem Ex-Mann gehört …. in Verbindung mit der Prophezeihung, dass ich niemals einer geregelten Arbeit nachgehen können werde, da „man mit Kindern ja nichts planen kann – schon gar nicht als Alleinerziehende“. Die werden krank …. und dann muss ich daheim bleiben. Der Chef ist dann sauer …. Alles Quatsch. Mein Kind war oft krank beim Eintritt in den Kindergarten. Aber auch das habe ich alles regeln können und Lösungen gefunden.

        Wie gesagt, vielleicht habe ich ihren Text aber auch total fehlinterpretiert.

        Aber wenn sonst Frauen in meiner Situation (oder besser gesagt in meiner Situation vor 3 Jahren) mitlesen: Habt Mut und steht für eure Überzeugungen und eure Lebensläufe ein! Es lohnt sich. Nicht nur für die Rente. 🙂

  14. nachvollziehbar aber risikoreich
    Wenn es möglich wäre, würden sehr viele Menschen zu Hause bleiben, leider braucht man halt in der Regel Geld zum Leben. Von daher ist es wahrscheinlich zum Großteil Neid, wenn Leute nachfragen. Andererseits aber sicherlich auch Sorge um dich. Wie leicht kannst du wieder Arbeit finden und zur Not dich und die Kinder selbst finanzieren? Man weiß ja nie…? Und sorgst du trotzdem für die Rente vor (Stichwort Altersarmut) oder denkst du noch nicht dran?

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