Entspannt bleiben als Jungsmutter: „Sie tun Dinge FÜR sich und nicht GEGEN mich!“

Ihr Lieben, wenn es eine Dame in Social Media gibt, der ihr als Mütter folgen solltet, dann steht Juli Scharnowski definitiv ganz weit oben auf der Liste! Ihr Blog Doppelkinder und die dazugehörige Instagram-Seite lohnen sich in jeder Hinsicht, weil es ihr – wie uns – vor allem um Ehrlichkeit geht, um Mutmachen, um Mom-Empowerment.

Sie coacht Eltern sogar unter dem Titel „From Mom to Wow“ – und warum uns dieser Titel so wahnsinnig sympathisch ist, könnt ihr euch bei uns als WowMom-Autorinnen sicher denken, hihi. Was sie tut, tut sie jedenfalls auf so charmante Weise, das man Juli eigentlich gern selbst zur Mama haben will.

Nun hat Juli neben ihren Zwillingsjungs nicht nur noch ein Jungsbaby dazu bekommen, sondern auch noch ein Buch herausgebracht. Es heißt Starke Jungs brauchen entspannte Eltern (Affiliate Link). Wie das gehen soll? Enstpannt bleiben im Alltag mit drei kleinen Wilden? Das hat uns Juli im Interview erklärt.

Liebe Juli, als du noch keine Kinder hattest, hattest du da schon eine Vision von euch als Familie? Wie viele Kinder es mal würden und ob es Jungs oder Mädchen sein würden?

Ich habe immer den allerersten Impuls zu sagen, dass ich immer von drei Söhnen geträumt habe. Ich weiß aber auch, dass das menschliche Gehirn ein Meister des Selbstbetrugs ist. Doch die Vorstellung davon, mit drei kleinen wilden Kerlen – und einem großen – zu leben hat mir schon gut gefallen.

Ich weiß noch, dass ich mich in der Zwillingsschwangerschaft sehr gefreut haben zu hören, dass mindestens ein Kind ein Junge ist – das andere hat sich lange bedeckt gehalten und es lief unter „ein Junge und ein weiteres Kind“. Als dann Nummer 3 unterwegs war, hat meine Freundin anfangs immer gefrotzelt, dass ich jetzt bestimmt ein Mädchen bekomme.

Ich fand die Vorstellung irgendwie komisch, vermutlich, weil ich es eben nicht anders kenne. Als ich mich dann mit dem Gedanken angefreundet hatte, hat sich das Baby als Junge geoutet und es fühlte sich richtig an – so wie sich ein Mädchen bestimmt auch richtig angefühlt hätte.

Nun ist das ja so ne Sache mit Visionen und Vorstellungen. Als Mutter holt einen ja tagtäglich die Realität ein. Welches war deine größte Mutterschaftsüberraschung? Wo lagst du mit deiner Vorstellung komplett daneben?

Ich war bei den Zwillingen davon überrascht, wie schwer es oft war, diese beiden impulsiven, sehr fordernden – so erschien es mir – Babys zufrieden zu stellen. Ich hatte nicht erwartet, wie anstrengend das Elternleben tatsächlich ist.

Ich bin heute zudem eine komplett andere Mama als ich es mir jemals erdacht habe. Ich wollte streng und konsequent sein – was nicht bedeutet, dass ich nicht auch mal bei meinen Standpunkten bleibe. Aber heute macht es mir eine riesige Freude, meinen Söhnen Vertrauen zu schenken und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen.

Ich lasse mich auch mal von ihnen überzeugen und sie sich von mir, wir verhandeln, finden Kompromisse und Wege, dass es uns allen möglichst gut geht. Bevor ich lospoltere versuche ich erstmal, ihre Motive zu begreifen.

Und ich habe mir immer vorgenommen, total rigide in Sachen Zucker und Süßkram zu sein. Aber da habe ich die Rechnung ohne meine beste Freundin gemacht – ebenfalls dreifache Jungsmama, mit etwas älteren Kindern – die den Zwillingen zum ersten Geburtstag einen Kuchen mit Industriezucker und Schokolade gebacken hat. Da stand ich dann mit meinen ernährungspolitisch korrektem Bananen-Muffins…

Nun hast du als Erstes Zwillingsjungs bekommen – und nun noch einen Jungen hinterher. Du bist Jungsmama durch und durch. Wie sind die Reaktionen darauf? Bewundernd? Vielleicht sogar auch mal mitleidig, weil Jungs derzeit irgendwie einen keinen ganz so guten Ruf zu genießen scheinen?

Ich fand schon in der Schwangerschaft mit unserem dritten Sohn die Reaktionen der Leute total interessant, die mich nach dem Geschlecht des Kindes gefragt haben. Einigen entgleisten regelrecht die Gesichtszüge, andere sprachen ihr Mitleid aus, viele fanden und finden es sehr beeindruckend. Ich glaube, neutrale Reaktionen waren fast nie dabei.

Interessanterweise bekommt mein Mann da immer eher ein verbales Schulterklopfen und Anerkennung – so als Vater dreier Söhne. Wohingegen der Mann meiner Schwester – sie hat drei Töchter – ebenfalls oft bemitleidet wird.

Ich habe den Eindruck, dass es in unserer Kultur oftmals als Ideal betrachtet wird, zwei Kinder zu haben, und zwar einen Sohn und eine Tochter. Schon bei den Zwillingen kam immer die Frage: „Oh, ein Mädchen und ein Junge?“ Als ich das verneinte, bekam ich oft zu hören, „Ach schade, Junge und Mädchen wäre doch besser gewesen, oder?“

Da hakt es bei meinem Verständnis ein wenig aus, ich habe drei gesunde Kinder, wie könnte ich mich da in Gram darüber ergehen, dass nicht das „richtige“ Geschlecht dabei ist?

Zudem werden meiner Erfahrung nach Jungen oft als anstrengender empfunden, weil viele von ihnen viel Energie haben – okay, das haben Mädchen bestimmt auch – doch sind sie oftmals wilder, verfügen übe mehr Muskelmasse als Mädchen, sind oft lauter und impulsiver.

Das passt nicht gut in unser System, in dem es beispielsweise in vielen Schulen immer noch darum geht, dass 20 bis 30 kleine Menschen still sind und still sitzen, während einer spricht.

Du hast nun ein Buch geschrieben: Starke Jungs brauchen entspannte Eltern. Müssen wir Jungs also anders begleiten als Mädchen?

Ich bin keine Freundin von Pauschalisierungen, doch sehe ich es oft, dass viele Jungen in unserer Zeit andere Herausforderungen haben als Mädchen – eben weil unser Denken oftmals noch sehr in Rollenklischees verhaftet ist.

Ich finde es absolut wichtig, dass meine Söhne lernen, emotional intelligent zu sein, dass sie gut mit ihren Gefühlen umgehen, dass sie alle sein dürfen und nichts davon falsch ist. Sie sollen lernen, gut mit sich und ihrer Energie umzugehen, sich Strukturen zu schaffen und Wege finden, sich in ein gesellschaftliches System einzufinden, ohne sich selbst und ihre Wesensart zu verleugnen.

Die Gender-Debatte ist wichtig und wertvoll, ich wünsche mir, dass sie dafür sorgt, dass alle Menschen, ungeachtet des Geschlechts, die gleichen Möglichkeiten haben.

Dennoch gibt es eben männlich und weiblich, gibt es Männer und Frauen und Jungen und Mädchen – und die unterscheiden sich körperlich und psychisch. Also finde ich es wichtig, beide Geschlechter unter dem großen Ganzen der Gleichwertigkeit da abzuholen, wo sie stehen. Deshalb gibt es übrigens auch ein Starke-Mädchen-Buch (Affiliate Link) von meiner Autoren-Kollegin Dr. Judith Bildau.

Nun ist es ja nicht so leicht, „entspannt“ zu sein als Eltern, gerade als Mehrfacheltern, da ist ja immer eine Menge los, es gibt viel zu tun, wie ist also der Zustand der Entspannung im Titel deines Buches zu verstehen?

Deshalb geht es in dem Buch zum einen darum, wie Eltern – insbesondere Mütter, da sie sich zu großen Teilen am meisten um die Kinder kümmern und sie es sind, die die Bücher lesen, sich erden und gut für sich sorgen können.

Auf der anderen Seite liefert das Buch ganz viele Informationen darüber, was hinter dem Verhalten eines Kindes stecken kann, denn das hat eigentlich immer eine Ursache, und was ich von meinem Sohn in welchem Alter erwarten kann.

Wenn ich also weiß, dass es etwas auch mit sechs, sieben oder acht Jahren für ein Kind völlig normal ist, während eines Wutanfalls mit Dingen um sich zu werfen, dann macht es die Situation vielleicht nicht angenehmer, doch entspannt das ungemein. Denn den Eltern wird mit Informationen die Angst genommen, etwas falsch zu machen, sowie der Druck, dass das Kind doch eigentlich so und so funktionieren sollte.

Außerdem liefert das Buch für alle Situationen, die sich in Gesprächen mit Jungseltern als besonders konfliktreich herauskristallisiert haben, ganz konkrete Lösungsvorschläge. Und da dürfen sich die Leser mit ihren Familien dann ausprobieren und gucken, was für sie passt.

Entspannung kann also insbesondere dann entstehen, wenn wir informiert sind, wenn wir uns auf unsere Kinder einlassen und – und das vor allem – wenn wir gut auf uns selbst achten.

Was sind denn die Dinge, die deine Kinder dir beigebracht haben – und von denen auch wir vielleicht im Alltag profitieren können?

Wir Erwachsenen denken ja gerne, dass wir den Perspektivwechsel und Empathie für uns gepachtet hätten. Dabei sind wir mit unseren Interpretationen, etwa bezüglich eines Verhaltens unserer Kinder, oft sehr bei uns. Sie lehren mich täglich darin, einen Schritt zurückzumachen und den Raum aufzumachen für ihre Motive und Beweggründe, diese zu erfassen und meine nicht als richtiger oder wichtiger zu nehmen.

Ein Beispiel: Ich komme heute in die Küche, weil ich die beiden Vierjährigen ziemlich dreckig lachen höre, da kriegen Eltern ja spitze Ohren. Zwischen ihnen auf der Küchenbank lag eine umgestürzte, zuvor halb volle, Schale mit Joghurt und Müsli. Die beiden hatten einen Mordsspaß daran, dass da nun der ganze Kladeradatsch auf der Bank liegt.

Früher wäre ich schnell mit Gemotze und Vorträgen darüber, dass Essen kein Spielzeug ist, dabei gewesen. Heute frage ich erstmal, ob die Schale vielleicht abgestürzt ist und dann sehe ich den völlig unbefangenen Entdeckergeist meiner Kinder dahinter. Denn das ist es, was sie tun wollen: die Welt entdecken und das Leben erforschen.

Sie wissen, dass Essen kein Spielzeug ist – zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Doch in solchen Situationen siegt der Forschergeist. Und das ist vielleicht die zweite große Lektion meines Mamalebens: Ich übe mich darin, das Verhalten meiner Kinder nicht persönlich zu nehmen, denn sie tun Dinge FÜR sich und nicht GEGEN mich.

Julia Scharnowski: Starke Jungs brauchen entspannte Eltern (Affiliate Link)

4 comments

  1. Ich BIN ein eineiiger Zwilling! BITTE hört auf mit diesem Zwillings-Geschwafel !! Auch bei eineiigen Zwillingen ist JEDE / JEDER ein absolut eigener Mensch !!!
    Es ist wirklich ungut, immer in einen Topf geworfen zu werden!!!! Bin Psychotherapeutin geworden und gerne bereit, eineiige Zwillinge zu beraten, bzw. zu helfen…. mfg

  2. Ich finde den Artikel spannend, da ich es auch erlebe dass meine 3 Jungs seeehr große Wildfänge sind und ständig den Wettbewerb und körperliche Konkurrenz gegenseitig suchen. Verbal werden leider wenige Streitereien ausgetragen sondern sehr gerne durch das Haus rollend, aufeinander!
    Hmmm vielleicht machen wir unterschiedliche Erfahrungen aber ich finde das Leben mit 3 kleinen Jungs (2, 5, 7) nicht immer wild romantisch, sondern als große Herausforderung für mein Nervenkostüm.
    Und ich erlebe auch oft dass wir in der Gesellschaft unter andereren Familien Augenrollen bekommen wenn meine Jungs immer die wildesten sind oder sich lautstark durchsetzen wollen. Beim letzten größeren Spielplatz Gang erntete ich Kopfschütteln leider vor allem von Mädchen Mamas als Schimpfwörter auf mich einprasselten weil ich dem xten Wutanfall nicht nachgegeben hab.
    Darum ohne Beschönigung: Wie meistern vor allem die Jungs Mamas das ständige in Probe stellen, die Schimpfwörter Parade und wie geht ihr mit Ausetzern um im täglichen Alltag? Immer nur positiv sehen gelingt mir leider selten und empfinde ich auch des öfteren nicht mehr als DEN richtigen Weg . . .

  3. Das klingt nach einem spannenden Buch 🙂 Lohnt es sich denn auch für Mädchen Mamas?
    Ich würde es mir wünschen, denn im Grunde brauchen doch alle Kinder dieselben Dinge, natürlich ihrer Persönlichkeit entsprechend, nicht unbedingt ihrem Geschlecht entsprechend.
    Ich würde mir auch wünschen, dass du, liebe Julia, nicht nur zwei Geschlechter erwähnst, sondern einbeziehst, dass mehr als nur “männliche“ oder “weibliche“ Personen existieren.

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