Wer nimmt die Kinder? Wie wir uns mal wieder eine Kinder-Auszeit gegönnt haben…

Als ich das erste Mal schwanger war, hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie wir als Eltern sein würden. Was wir wie machen würden und was wir auf gar keinen Fall machen würden. Um ehrlich zu sein, habe ich das meiste davon nicht durchgehalten. Ein paar Beispiele?

Meine Kinder haben früher fast nur Gläschen bekommen und nur wenig Selbstgekochtes. Sie haben öfter bei uns im Bett geschlafen als ich das geplant hatte. Ich setze die Kids manchmal vor das Ipad, um in Ruhe das Abendessen vorbereiten zu können. Ich bin bei weitem nicht die lässige, immer geduldige Mutter, die ich in meinen Träumen immer sein wollte. 

"Wir werden uns regelmäßig Auszeiten nehmen", beschlossen mein Mann und ich, noch bevor die Große geboren wurde. Wir wollten nicht die Eltern sein, die nie mehr zu zweit  essen gehen. Wir schworen uns: Einmal im Jahr hauen wir ab und verbringen ein Wochenende allein. Und tatsächlich haben wir das in sieben Jahren Elternschaft bereits fünf Mal geschafft. 

Das erste Mal fuhren wir drei Tage nach Instanbul, als unsere Große ein Jahr alt war. Auf dem Weg zum Flughafen habe ich nur geheult. Es war schrecklich, mein Kind alleine zu lassen, doch tief in mir drin sehnte ich mich auch nach einer Auszeit. Nach einem intensiven Jahr, das alles auf den Kopf gestellt hatte, hatten wir das Gefühl, es sei auch an der Zeit, endlich wieder mal nur Paar zu sein. 

So schwer der Abschied und die ersten Stunden ohne Kind waren, so wunderbar war die verbleibende Zeit. Wir genossen es, stundenlang durch die Stadt zu schlendern, uns Museen anzuschauen, auszuschlafen, in Ruhe zu frühstücken, uns ungestört zu unterhalten, bummeln zu gehen und abends in Restaurants zu sitzen, ohne dass der Babysitter zu Hause wartete.

Ich weiß noch, dass ich damals viel Kritik einstecken musste. Ich würde die Bindung zu meinem Kind gefährden, es sei alles viel zu früh und meine Tochter wäre bei unserer Rückkehr total verstört. Nichts von dem traf zu – meine Tochter war bei meiner Mutter (die fünf Kinder groß gezogen hat) in den besten Händen. 

Seitdem haben wir uns regelmäßig Auszeiten zu zweit genommen. So auch letzte Woche – wir waren drei Tage in Barcelona. 

Es war das erste Mal, dass meine Mutter auf meine drei Kinder mehrere Tage aufgepasst hat – und diesmal hatte ich ganz schön Bammel, ob das alles klappen würde. Denn drei Kinder – darunter ein äußerst aktiver Vierjähriger – sind schon eine Ansage. 

Meine Mutter ist schon zwei Tage vorher nach Berlin angereist, damit sie unseren Tagesablauf mitbekommt und die Kinder (besonders die Kleine) sich an sie gewöhnen. Für jeden Tag unserer Abwesenheit habe ich Freunde eingespannt, die jeweils eins unserer Kinder zu einem Playdate mitgenommen haben – so dass meine Mutter meist nur zwei Kinder zu betreuen hatte. 

Das mulmige Gefühl bei der Abreise war allerdings wieder da. Auch kurz der Gedanke, alles abzublasen. Aber wie jedes Mal habe ich dieses Gefühl abgeschüttelt. Weil ich weiß, wie toll meine Mama das macht und wie gut uns diese Auszeit tut. 

"Eure Kinder brauchen auch andere Bezugspersonen. Ihr seid nicht die Einzigen, die sich liebevoll um die Kinder kümmern können", sagte damals die Hebamme im Geburtsvorbereitungskurs.

Wenn ich an meine Kindheit denke, sehe ich da ganz viele Erwachsene, zu denen ich großes Vertrauen hatte und die mich lieb hatten. Allen voran meine wunderbaren Großeltern, die ich über alles geliebt habe und die oft auf uns aufgepasst haben. Wenn sie da waren und meine Eltern weg, hatte ich nie das Gefühl, abgeschoben zu sein. Nein, vielmehr waren das ganz besondere Tage mit viel Aufmerksamkeit und Zuwendung. Und ich weiß, dass meine Mutter genau das meinen Kindern auch gibt. 

Zurück zu unserem Barcelona-Trip: Ich muss zugeben, dass sich die ersten Stunden anfühlten, als sei ein Teil von mir amputiert. Ich habe viel an zu Hause gedacht, oft aufs Handy geguckt und mich gesorgt. Aber das verflüchtigte sich immer mehr und das Gefühl der Freude und Dankbarkeit wurde immer stärker.

Ich habe die Auszeit so richtig richtig genossen – uns als Paar genossen. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine stabile Paar-Beziehung die Basis einer stabilen Familie ist. Kurz: Es war einfach wunderschön, mal wieder zu zweit zu sein. Als wir im Flugzeug zurück saßen, fühlte es sich an, als seien wir frisch verliebt. 

Eine Freundin von mir, die demnächst das erste Mal ohne Kinder verreist und etwas Angst davor hat, fragte mich, wie ich gegen das große Vermissen angehe. 

1. Ich telefoniere nicht mit den Kindern. GAR NICHT. Ich glaube, dass das den Kindern nichts bringt außer Verwirrung und auch man selbst fühlt sich danach wohl eher schlechter als besser. Mit meiner Mama habe ich jeden Abend, wenn die Kids im Bett waren, gesprochen und mich erkundigt, wie der Tag lief. 

2. Vor meiner Abreise habe ich meiner Mutter einen Plan geschrieben, was an welchem Tag ansteht und wie welche Freunde zu erreichen sind. So wusste sie genau, was auf sie zukommt. 

3. Ich mache gerne Städtetrips, weil mich die ganzen neuen Eindrücke kaum zum Nachdenken kommen lassen. Würde ich irgendwo den ganzen Tag im Wellnessbereich liegen, würde ich wahrscheinlich mehr grübeln. 

4. Ich denke immer wieder an die wunderbare Zeit mit meinen Großeltern und freue mich, dass meine Kinder auch tolle Omas und Opas haben. 

5. Ich finde drei Tage eine perfekte Länge. Lang genug, um mal raus aus dem Alltag zu kommen, aber nicht lang genug, um schlimme Sehnsuchts-Anfälle zu bekommen. 

Und zu guter Letzt bin ich mir einfach sicher, dass das Loslassen den Eltern viel mehr weh tut als den Kindern. Aber dass Loslassen eben einfach dazu gehört. Loslassen ist ungewohnt, schmerzhaft – aber mit ein bisschen Übung kann es auch auch gut anfühlen. 

Als wir am Sonntag dann zurück kamen, spürte ich einfach nur Glück. Glück, meine Kinder wieder im Arm zu halten. Glück, dass meine Mutter wieder mal alles so toll gemeistert hatte. Und Glück, drei ganz wunderbare Tage mit meinem Mann erlebt zu haben. Und darauf kommt es doch an – dass man seinen Weg findet, glücklich zu sein. Und ich – das weiß ich bestimmt – brauche solche Auszeiten, um glücklich zu sein.