Was haben wir eigentlich den ganzen Tag gemacht, als wir noch keine Kinder hatten?

Es gibt ja diese Familien, die an Wochenenenden und Feiertagen bis um halb zehn Uhr morgens zusammen im Bett kuscheln und dann ausgiebig frühstücken. Die Kinder verschwinden anschließend in ihren Zimmern und spielen dort bis nachmittags friedlich. So eine Familie sind wir NICHT. 

Mein dreijähriger Sohn wacht gegen 6.30 Uhr auf und ist dann wach. Nicht kuschel-wach, sondern wach-wach. Aufsteh-wach. Mit Hunger. Und er macht das klar, indem er ins Elternschlafzimmer poltert, also sind dann auch wir und das Baby wach. 

Also quäle ich mich aus dem Bett, schlurfe in die Küche, erschrecke im Flur noch über mein müdes Spiegelbild und mache erstmal Kaffee. Der Sohn kriegt sein Müsli, ich räume die Spülmaschine aus, stille das Baby, trinke noch einen Kaffee, checke Mails. Dann ist es 7 Uhr. Und ein laaaaaaanger Tag liegt noch vor uns. Bis halb zehn habe ich manchmal schon gebügelt, die Kinder alle angezogen, geduscht, Wäsche zusammen gelegt, Mails beantwortet und und und. 

Spätestens um halb zehn dann muss mein Sohn eigentlich an die frische Luft – er hat einfach zu viel Energie. Doch, doch, unsere Kinder können auch friedlich in ihrem Zimmer zusammen spielen – ungefähr 15 Minuten lang, dann kabbeln sie sich. Sobald sie draußen rennen, springen, radfahren, klettern können, ist die Stimmung wesentlich besser, deshalb sind wir viel viel draußen. 

Mittags wird zusammen gegessen und dann überlegen wir uns etwas Schönes für den Nachmittag. Als ich am Karfreitag meinen Sohn auf der Schaukel am Spielplatz anschubste, dachte ich: Was zur Hölle haben wir eigentlich früher an Sonn-und Feiertagen gemacht?

Als wir noch nicht morgens um sieben Müsli machen mussten, nicht zwei Stunden Lego-Türme gebaut haben, nicht auf dem Spielplatz beim Rutschen zugeguckt haben, keine Geschenke für den nächsten Kindergeburtstag gebastelt haben, nicht diese immensen Wäscheberge bewältigen mussten, nicht spazieren gegangen sind, weil die Kids raus mussten, nicht um halb sechs das Abendbrot vorbereitet haben?

Genau das fragte ich meinen Mann. Und er sagte: "Wir haben geschlafen bis zehn, Zeitung gelesen, sind wieder ins Bett geschlüpft. Waren dann draußen im Café, sind spaziert, weil wir irgendwo was essen mussten, haben Freunde getroffen, sind joggen gegangen, spontan ins Kino, ins Museum oder saßen abends mit Freunden in Restautants. Manchmal haben wir all das an einem Tag gemacht und manchmal auch gar nichts. Dann haben wir uns Pizza bestellt und sind den ganzen Tag zu Hause geblieben." 

Ich gestehe: Das hört sich schon ganz schön verlockend an. Schade ist nur, dass ich mir damals gar nicht bewusst war, wie unbeschwert und selbstbestimmt mein Leben war. Ich nahm es ein bisschen zu selbstverständlich. 

Am Karfreitag nun lagen wir um halb acht abends mit den beiden Großen im Kinderzimmer auf dem Teppich, das Baby schlief schon und die Großen hatten beste Laune. Wir guckten auf dem Tablet Videos von Elvis Presley und die Kinder ahmten seinen Hüftschwung nach. Wir haben gelacht wie bekloppt und als ich sie schließlich ins Bett brachte, habe ich mich schon auf den nächsten Tag mit ihnen gefreut. 

So ist das Leben. Alles hat seine Zeit. Das Leben ist so vielfältig, so laut, so bunt. Das war es auch früher und ich erinnere mich so gerne daran. Meine drei Kinder haben es einfach noch bunter, noch lauter gemacht. Ja, manchmal schiele ich sehnsüchtig in die Vergangenheit. Aber ich würde nie mehr tauschen wollen. Und ich weiß auch, wie sehnsüchtig ich in ein paar Jahren an den Karfreitag denken werde, an dem wir auf dem Teppich liegend Elvis Presley gehört haben…

 

 

 


5 comments

  1. Moin erstmal.schöner Artikel
    Moin erstmal.schöner Artikel zweitens auf dem Bildern sehe ich ein Skateboard wann hat Euer Sohn damit angefangen ??Wir diskutieren grade ob unsere mit drei darf weil er so gerne möchte.

  2. Ja, wie wahr. Als man noch
    Ja, wie wahr. Als man noch keine Kinder hatte, war das Leben so unbeschwert. Man erinnert sich gerne an die Zeiten ohne Kinder, aber mal ganz ehrlich, jeder der in den Genuss kommt Kinder zu haben, will diese nicht mehr missen !!!!! Mein Sohn erfüllt mich und mein ganzes Leben. Ich wäre nicht ich, wenn ich meinen Sohn nicht hätte.
    LG

  3. Erinnerungen.
    Sehnsüchtig schaut man zurück… dabei habe ich mich auch schon ertappt! Und gelacht! Und mich gefragt, ob es mir besser gefallen hat? Und die Frage sofort wieder verworfen, weil die Antwort auf der Hand liegt oder vor mir auf dem Boden mit Bauklötzen in der Hand 😀 In den ersten Monaten nach der Geburt stand ich abends oft am Fenster und war in Erinnerungen an diese ungezwungene Zeit vertieft. Heute, nach anderthalb Jahren, tue ich das nicht mehr. Mutter zu sein ist die größte Erfüllung die ich mir vorstellen kann und hat mir gezeigt wie stark ich eigentlich bin, was ich alles schaffen kann! Ich hätte mir damals nie ausgemalt wie kostbar eine Stunde länger schlafen am Morgen sein kann. 😀 Doch dadurch schätze ich jede „freie“ Minute umso mehr und denke heute daran wie „trostlos“ mein Leben damals ohne Kind war.

  4. Sooo schön
    …geschrieben und so wahr! Das haben mein Mann und ich uns auch schon gefragt. Aber gelangweilt hab ich mich auch früher nicht, aber wie Du schon geschrieben hast, war es vielleicht ein wenig zu selbstverständlich. Andererseits kannte man es ja auch nicht anders…
    Also genießen wir jetzt die Zeit und freuen uns, dass wir um halb 10 morgens schon so viel geschafft haben. 😉 Wir müssen übrigens auch viel an die frische Luft. 🙂