Damals im Geburtsvorbereitungskurs hatte meine Hebamme eine wunderbare Idee: „Hier sind zwei Kärtchen, gelb für die Dame, grün für den Herrn. Schreibt darauf was euch für die Zeit nach der Geburt wichtig ist.“
Diese Kärtchen hat sie eingesammelt und als ihre Betreuung nach der Geburt endete, lagen einige Tage später die Kärtchen im Briefkasten. Auf meinem Kärtchen stand u.a. „Wir nehmen uns Zeit zu zweit und bleiben immer ein Paar.“ Total logisch kam mir das damals vor. Und so einfach. Diese Zeit muss man sich einfach nehmen. Ob man kurz verreist, ins Kino oder Essen geht. Das ist wichtig für die Beziehung und somit fürs Familienleben. Da müssen die Kleinen durch.
Himmel und Hölle – vom Allein-zu-Zweit-Verreisen
Ganz so einfach ist es nicht. Im Kino waren wir seit der Geburt der Großen noch nie. Essen waren wir zwei mal. Nur wenn die Oma da war, die mehrere hundert km weit weg wohnt.
Im November sind mein Mann und ich zum ersten Mal allein verreist. Da waren unsere Töchter 2,5 Jahre und 9 Monate alt. Nach Wien. „Unsere“ Stadt. Hier haben wir früher oft ein paar Tage verbracht. Als wir uns gerade kennengelernt hatten und die Jahre darauf. Ein bißchen shoppen, ein bißchen Kultur, hier und da ein Prosecco, abends gut essen. Herrlich. Das wollten wir wieder erleben!
Also buchten wir. Todesmutig. Als wir buchten war die Reise noch weit weg – und die Vorfreude gigantisch. Als unsere Abreise sich näherte und meine Eltern angereist waren um die Mädels zu hüten wurde meine Laune stündlich schlechter. In einem kurzen Moment der Einsamkeit gestand ich mir ein: Ich bin WAHNSINNIG aufgeregt.
Das Kopfkino beginnt vor der Reise
Was, wenn eine meiner Töchter krank wird? Was, wenn sie uns so vermissen dass sie die ganze Nacht weinen? Was wenn dies? Was wenn das? Meine Mutter und enge Vertraute beruhigte mich. Sie hat ein super Verhältnis zu meinen Töchtern und kann beide sogar ins Bett bringen. Wenn Oma und Opa zu Besuch sind, sind wir abgemeldet.
Wovor habe ich Angst? Wir flogen los und alles ging gut. Nur, dass „unser“ Wien nicht mehr DIE Location für uns war. Uns war gar nicht nach Großstadt, Prosecco, Party und shoppen. Eigentlich wollten wir viel lieber Natur, Sport, Wellness… Nun ja – die Einsicht kam zu spät. Es waren schöne Tage, die aber für mich jeweils morgens um 4:00 Uhr begannen. Eigentlich hatte ich mich aufs Ausschlafen gefreut… Aber wenn man einmal wach ist und die Gedankenmaschine loslegt – dann war es das mit dem himmlischen Durchschlafen.
Am ersten Morgen erfreute ich meinen Mann mit der Nachricht, dass ich schon einen Zug heraus gesucht hatte für die Heimreise. 6 Stunden Fahrzeit. Ich litt unter akuter Schlaflosigkeit aufgrund potenzierter, unbegründeter Sorge, noch gesteigert durch Kopfkino. Zu Hause anrufen wollte ich nicht.
Wie es den Kleinen wohl grad geht?
Also rief ich meinen Bruder an. Ob er schon etwas gehört hätte wie es lief? Dankenswerterweise rief er „einfach mal durch“ bei Oma, Opa und den Mädels und erfuhr, dass es super läuft und sie eine entspannte Nacht hatten. Puuuuuh. Also doch erstmal keine 6-stündige Rückreise. Noch ein ganzer Tag und eine ganze Nacht standen mir bevor. Jetzt aber erstmal genießen! Dass genießen SO schwer sein kann…
Unsere Reise nach Wien ist mittlerweile sechs Monate her. In zwei Tagen ist es wieder so weit. Wir fahren in ein Wellnessresort in den Bergen. Totales Kontrastprogramm zur Großstadt. Heute sind Oma und Opa angereist. Ob meine Nächte diesmal länger sind als bis 4:00 Uhr früh? Ob wieder alles gut geht mit den Mädels, inzwischen eins und drei Jahre alt?
Ich bin schon wieder aufgeregt. Und freue mich trotzdem. Denn der Satz, den ich vor gut drei Jahren auf das Kärtchen der Hebamme schrieb stimmt. Diese Zeit zu zweit ist uns wichtig. Egal, wie viel wir dafür „leiden“ ;-).
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2 comments
Hallo Sarah, ich habe drei
Hallo Sarah, ich habe drei Kinder und wir hatten seit langem als Paar nichts unternommen. Wir legen aber Wert drauf, dass die Kinder der jeden Tag um 19-20 Uhr schon im Bett sind und diese Zweisamkeit Momente geniessen wir 🙂 VG
situationen annehmen und sich darauf einlassen
Hallo Sarah, das hört sich ein bisschen so an, als wenn du einfach noch nicht bereit für eine längere Trennung wärst. Warum das also forcieren, wenn es dann am Ende doch mehr Stress als Entspannung bringt? Doch besser einfach mal akzeptieren, dass gerade andere Dinge wichtig sind und die Zeit zu viert genießen. Es kommen auch wieder Zeiten, in denen andere Sachen Prioritäten haben. LG, Sandra