Über Erziehung und das Zusammenspiel der Familie. Wir sitzen alle in unterschiedlichen Dampfern!

Ihr Lieben, ich habe gerade einen tollen Text von einer Mutter gelesen, die sehr ehrlich über das aggressive Verhalten ihres Kindes schreibt. Und wie sie damit umgeht. Und wie die anderen von ihr erwarten, dass sie damit umgeht. Und wie ihr das gegen den Strich geht. Dem Kind zu sagen, dass es nach dem Hauen oder Beißen jetzt aber "ei" machen muss beim anderen Kind, obwohl ihr gar nicht danach ist, dem Kind das nahezulegen (kenn ich, geht mir oft auch so, dass ich denke, ich würde jetzt gern anders reagieren, aber das wird jetzt von der anderen Kindsmutter erwartet).
Am Ende sieht sie in ihrem Kind einfach einen Spiegel ihrer selbst. Sie hat Verhaltensweisen am Kind entdeckt, die sie in Stressituationen selbst auch an den Tag legt.
Kinder haben feine Sensoren für unsere Gefühlslagen. Sehr feine sogar. Das zu erfahren oder zu wissen ist schon eine wichtige Erkenntnis. Die Mutter aus dem Text erkennt, dass die Ursache für das Verhalten ihres Kindes nicht in der Situation selbst, sondern viel tiefer liegt und dass sie an sich selbst und an der Gesamtsituation etwas ändern muss, um Besserung zu erreichen. Das ist toll und sie merkt auch jetzt schon den (zumindest teilweisen) Erfolg.

Mich macht so etwas immer unheimlich nachdenklich und manchmal nimmt es mir auch wirklich den Atem, zu erfahren, wie viel Einfluss unser Verhalten, nein, sogar unsere aktuelle Stimmung und das Gefüge unserer Familie, auf das jetzige Leben, aber auch auf die Zukunft unserer Kinder hat.

Ich bin ein Bauchgefühl-Typ und reagiere oft spontan und nicht nach irgendwelchen ausgetüftelten Erziehungskonzepten. Authentisch kann man das wohl nennen, aber mein Verhalten ist nicht ohne Fehler. Von Liebe getragen – immer – aber nicht ansatzweise perfekt. Klar, das muss es auch nicht sein, wer ist schon fehlerlos, und trotzdem: Gerade diese psychische Kompomenente macht mir manchmal wirklich zu schaffen, weil die Grundstimmung nicht immer nur Sonnenschein sein kann. Die Grundstimmung ist es aber, auf die Kinder reagieren. Auf ihre ganz eigene Art. Das eine Kind übernimmt dann vielleicht die Rolle der Eltern, das andere reagiert aggressiv, wieder ein anderes mit stiller Trauer, was sie aber alle gemeinsam haben ist: sie reagieren! Auf sich, auf uns, auf die aktuelle Lebenslage.

Ich kann meinen Kindern nichts vorspielen. Sie merken das. Wir dürfen auch als Eltern schlecht drauf sein. Die Kunst ist es dann, Wege aufzuzeigen, mit dieser Laune umzugehen. Das ist eine Wahnsinns-Aufgabe, die wir da haben und der wir uns täglich stellen. Kinder spüren, fühlen und beobachten genau, was um sie herum geschieht. Sie kopieren Verhaltensweisen.

Das macht unser Handeln, jeden kleinsten Handgriff, zu einer großen Verantwortung. Und lässt uns an unseren Kindern wachsen, weil wir unser eigenes Verhalten immer wieder überdenken und überprüfen müssen. Es ist beileibe nicht einfach, sich dann eingestehen zu müssen, dass auch wir nur Menschen sind und ganz und gar nicht unfehlbar. Aber sobald wir uns das schon vor Augen führen, ist der erste Schritt getan.

Erziehung ist ein ständig sich auf der Reise befindender Kahn, der zwischen gemütlichem Geschipper und Seenot, Wellengang und Seekrankheit, SOS und Sonnendeck einfach immer wieder Überraschungen bereit hält, die für alle an Bord entscheidend sind, auf die aber alle anders reagieren.

Wir sind alle auf verschiedenen Schiffen unterwegs. Auf dem einen entscheiden alle demokratisch über die Richtung und Schnelligkeit der Bootsfahrt, auf dem anderen hat der Kapitän das alleinige Sagen, von dem einen Schiff hört man laute Musik, während auf dem anderen alle auf den Sonnenliegen ruhen und auf dem anderen einfach jeder macht, was er will. Es gibt so viele verschiedene Schiffe. Für alle aber ist wichtig, dass niemand über Bord geht und dass die Reise weitergeht. Immer weiter. Und zwar auf eine Weise, mit der alle Beteiligten zurecht kommen.

Schiff Ahoi, ich werde jetzt mal den Staubsauger durch die Kinder-Kajüten jagen…

 


1 comment

  1. Antwort 🙂
    Das ist halt unser Leben. Es verläuft so, wie wir es fühlen. Erst hinterher ist man schlauf. Aber Entscheidungen müssen getroffen werden, und spontate sind sehr oft auch gute Entscheidungen. Du kannst nicht stundenlang nachdenken, wenn dein Kind neben dir steht und dich anstarrt 🙂

    Schöne Grüße
    und wärmste Empfehlungen für http://www.momscam.blogspot.de