So ein Mist-Tag: Warum ich gestern heulend vor dem Supermarkt stand…

Eigentlich wollte ich einen Text darüber schreiben, wie happy ich bin, dass die Sommerferien so gut laufen. Denn ich hatte mir im Vorfeld ganz schön Gedanken gemacht – die Große würde sieben Wochen frei haben, der Sohn drei Wochen, um dann in eine neue Kita eingewöhnt zu werden – und die ganz Kleine ist ja eh zu Hause. Es war also klar, dass es turbulente Wochen werden. Nun stellte sich aber heraus, dass sie gar nicht so turbulent waren. Die viele gemeinsame Zeit tat uns gut und alles lief viel leichter, als ich befürchtet hatte. 

Ja, diesen Text wollte ich schreiben. Doch dann kam der gestrige Tag, dessen Höhepunkt war, dass ich heulend vor Rewe stand. 

Der Tag begann schon seltsam. Die Kinder waren alle schräg drauf, um nicht zu sagen: Ätzend. Die Kleine heulte viel, die Große zog am Frühstückstisch ein Gesicht, als hätte ich ihr gerade Rote Beete vorgesetzt. Den Vormittag über schafften die Großen es nicht friedlich mit einander oder wenigstens nebeneinander her zu spielen. 

Du Blödian. 

Ich bin kein Blödian, du bist selber blöd. 

Nein, du bist mega blöd. 

Du bist eine Kackwurst. 

Maaaaamaaaa, er hat Kackwurst zu mir gesagt. 

Weil du gesagt hast, dass ich blöd bin

Bist du ja auch

Maaaaamaaaa, sie hat gesagt, dass ich blöd bin

Und so weiter und so weiter. Nervfaktor 100 gepaart mit extrem schrillen Stimmen. 

Am Nachmittag stand dann auch noch ein Zahnarzt-Besuch an. 

Kaum angekommen stritten sie sich, wer zuerst auf den Stuhl darf, wer heute morgen länger Zähne geputzt hat, wer die schönere Zahnbürste hat. Die Große neckte den Kleinen damit, dass er noch keinen Wackelzahn hat, worauf er sich mit einem Tritt gegen das Schienbein bedankte. Alles Bitten meinerseits blieb unerhört. Da der Arzt uns 20 Minuten warten ließ, nahmen die beiden fast das Zimmer auseinander, spielten Fangen, turnten rum. Ich mit Baby auf dem Arm war nur beschränkt eingreiffähig. Irgendwann war ich so genervt, dass ich ein Donnerwetter los ließ – wie ich später bemerkte, war die Zimmertür nur angelehnt, so dass alle Wartenden es hörten. Wer bisher noch nicht dachte, dass ich die Kids nicht unter Kontrolle habe, dachte spätestens jetzt, ich sei komplett überfordert. 

Danach musste ich noch schnell einkaufen – dummer Gedanke, ich weiß. Aber ein komplett leerer Kühlschrank ließ mir keine Wahl. 

Dort meckerten sie, weil sie keine Wurst auf die Hand kriegten. Es gab natürlich den üblichen BIIITTTEEEE-Anfall am Zeitschriftenregal. Ich legte mal wieder einhändig (weil Baby auf dem Arm) alles auf an Kasse, räumte die Tüten ein und zahlte, als meine Große sagte: „Mein Bruder ist weg.“ Ich guckte nervös herum, rief seinen Namen – nichts. Ich guckte nochmal, rief erneut – nichts. Leise Panik. Ich hastete die Supermarkt-Gänge auf und ab, rief immer wieder seinen Namen. Ich ging vor den Supermarkt – nichts. Panisch ließ ich die Einkaufstüten fallen, rannte noch mal durch den Supermarkt, konnte ihn aber nicht sehen. Nun hatte ich echt Angst. Ich rannte wieder nach draußen und schrie ich aus voller Kehle seinen Namen – da kam er um die Ecke getrottet – er hatte irgendwo hinter dem  Supermarkt Steine gesammelt.  

Da brach ich in Tränen aus, erleichtert und erschöpft. Heulend schnappte ich die Einkaufstaschen, aus denen das Eiweiß heraus lief, weil alle Eier beim Hinschmeißen zerbrochen waren und wir brachen den Heimweg an. Noch eine halbe Stunde später zitterte ich innerlich vor Wut und Schreck.

Ich wünschte, ich könnte zum Ende diesen Artikels schreiben, dass dann alles ganz toll war – dass ich abends an ihren Betten stand, meine Kinder unglaublich süß fand und nur Glück verspürte – sowas steht ja normalerweise in Elternblogs immer am Ende von solchen Texten. An diesem hier nicht. Es blieb ein anstrengender Tag, mit Genöle beim Abendessen und Gezanke beim Zu-Bettgehen. 

Ich zog mir, sobald mein Mann da war, die Schuhe an und rannte durch den Wald. Und auch danach bin ich nicht ins Kinderzimmer geschlichen und habe meine Kinder bestaunt. Ich habe mir ein Bier aufgemacht, den Fernseher angemacht, mich berieseln lassen, um mir um halb elf im Bett die Decke über den Kopf zu ziehen. 

Ja, manche Tage haben kein Happy End. Drückt mir also die Daumen, dass es heute besser wird. 

PS:Das Foto oben entstand am Tag zuvor – ich hab ja gesagt, die Sommerferien sind eigentlich ganz schön 🙂


17 comments

  1. Ja, das ist so und da muss
    Ja, das ist so und da muss man durch! Lustig wird’s erst richtig, wenn du mit 3 pubertierenden Teenagern unterwegs bist. Also genießen, so lange sie so klein sind! Dann findest du diese Erinnerungen herzig und süß!

  2. Danke
    …für diesen tollen Artikel! Der beste, den ich je in einem Mama-Blog gelesen habe.
    Genau so läuft es manchmal eben…
    Und die Lösung mit durch den Wald Laufen und danach Fernsehen und Bier Trinken wende ich an solchen Tagen auch gerne an 😉

  3. Kommt mir leider bekannt vor…
    Wenn ich bis eben noch glaubte, nur mir passiert so etwas – nun weiß ich das noch andere Mamas mit denselben Problemen zu kämpfen haben…
    Vielen lieben und herzlichen Dank, dass Du so ehrlich geschrieben hast, nix geschönt oder abgekürzt hast.
    Ich kenne solche Tage, bei uns sind sie etwas häufiger, aber nicht minder blöde… Meine Töchter sind nun 8 und 5 und der Lütte 2, heißt neue Phasen/ Entwicklungsschritte wechseln sich in etwas zum gleichen Zeitpunkt ab = Stress mal 3 🙂 … Ihr kennt das ja alle…
    Film oder Lieblingsserie schauen, es sich gut gehen lassen, wenn die lieben „Nervensägen“ im Bett sind – ist vollkommen in Ordnung und auch ganz gut. Denn nur so können „Nervensägen“ wieder zu unseren liebsten Wilden werden :-).

    Sprich selber erst einmal runterkommen, neue Kraft tanken und wieder fit und mit neuem Mut in den neuen Tag starten. Hoffnung bleibt bei mir immer irgendwie bestehen, dass evtl. heute ein toller Tag mit meiner Rasselbande wird. Denn ich weiß, sie lieben sich, sie können sich ab und an nicht leiden, können nicht mit, aber auch auf gar keinen Fall ohne einander… Vielleicht ist es ja unser Job, sie durch diese ganzen inneren Widersprüche zu begleiten. Sie Raum haben mit ihren komischen Gefühlen klarzukommen, ihrem Drang nach Freiheit nach geben könne oder ihren Platz innerhalb der Familie zu verteidigen…

    Meine Zweite (5) hat heute nen neuen Fahrradhelm bekommen und durfte endlich wieder mit ihrem Rad fahren. Sie hat mich gefragt, ob sie ne Runde um den Pudding fahren darf. Klar, hab ich ihr geantwortet, vielleicht auch 2 Runden… (Pudding= Wohnblock)
    Ruft meine Freundin an und fragt, ob besagte Tochter evtl. bei ihr bleiben könne. Sie wäre bei ihr gestrandet 🙂 … Sie wohnt auf halber Puddingstrecke ;-). Wer kann denn da NEIN sagen… Wenn es doch bei meiner Freundin klappt.

    In diesem Sinne wünsche ich Dir für alle anderen Tag, die da noch so kommen: gute Nerven, nötige Besonnenheit und Abends eine gute erholsame Zeit!
    Ganz liebe Grüße
    Yvonne und ihre Rasselbande 😉

  4. hochachtung
    ich habe hochachtung vor müttern mit drei kleinen kindern. ich bin schon oma und kenne die probleme. lassen sie sich nur nicht verunsichern von anderen. es wird soviel gelogen und vorgespielt. liebe grüße

  5. Oja, so blöde Tage kenn ich
    Oja, so blöde Tage kenn ich auch. Und wenn dann noch die Kids anfagen zu streiken gerade wenn man los muss zu einem Termin oder Job – dann ist man mit den Nerven runter und muss dann doch das auch noch schaffen… Gut wenn man das auch mal in Blogs liest und dnicht nur die eigenen Kinder Tage haben wo sie sich in einer Tour zanken…

  6. Same here!

    Same here!
    Es gibt definitiv nur schwarz und weiß, also extrem gute oder eben extrem schlechte Tage mit den Damen des Hauses. Dummerweise häufen sich die schlechten seit einiger Zeit…

  7. Danke
    Liebe Katharina, das hätte genau so bei uns ablaufen können. Und ich kenne so gut diesen Gedanken: oh, ich kriege mit den Kindern überraschenderweise alles hin, um dann im nächsten Moment die Rechnung für diese Hybris zu bekommen. Danke für deine Ehrlichkeit, besonders am Ende. Auch ich schaue an manchen Abenden nicht auf meine engelsgleich schlafenen Zöglinge, sondern träume von einem Leben ohne Supermarktwurst und Kindergartenferien. Und das ist auch ganz ok, finde ich. Alles Liebe, Laura

  8. Danke
    Danke Katharina das es nicht nur mir so geht. Das noch jemand außerhalb der Wohnung seine Kinder mal deutlich sagt wo der Hammer hängt (wenn ich meinen großen auf der Straße mal lauter anschreie schauen alle nur Kopfschüttelnt zu mir rüber)
    Danke das ich diesen Text Lesen dürfte. Endlich.
    Ich dachte immer wieso sind dann die Kids von anderen Eltern abends an so einem Tag unglaublich süß?
    Meine sind es nämlich nicht!! Ich gehe dann auch nicht mehr zu den großen rein.

    Danke danke danke
    Dieser Text ist einfach 100% Mama!!
    Kein drum herum Gerede sondern einfach so wie es einfach auch im echten Leben ist
    (Nur das wenige es zugeben)

    Liebe Grüße

  9. Wir Übermamas
    Liebe Katharina, es ist doch enorm, was du und wir anderen Mamas so jeden Tag leisten. Meine Kleine ist 2, das heißt man sollte sie den ganzen Tag im Auge behalten um größere Katastrophen zu vermeiden. Im besten Falle werden die Kids bei uns beschäftigt oder bespaßt ansonsten sind zumindest meine Kinder (5 und 2 Jahre) sehr erfinderisch und das Bad steht schon mal unter Wasser oder die gesamte Wand im Kinderzimmer wurde bemalt. Nebenbei soll es noch was nahrhaftes zu Essen geben, der Wäscheberg bezwungen und die größte Unordnung beseitigt werden. Und da sind noch nicht mal außerordentliche Aufgaben dabei wie Geburtstagsparties organisieren, Geschenke besorgen, zusehen, dass die Kinder in der richtigen Größe und entsprechend der Jahreszeit gekleidet sind etc. Das ganze soll dann noch leicht von der Hand gehen, der Freundeskreis auch noch gepflegt werden und die Beziehung zum Partner geradezu florieren. Ach ja – arbeiten sollte man ja auch noch gehen und das zur eigenen Zufriedenheit und / oder der des Arbeitgebers ausführen. Ich finde da sind doch solche kleinen Krisen mehr als vorprogrammiert und absolut menschlich. Schade nur, dass wir uns nicht jeden Abend mental auf die Schulter klopfen, was wir wieder alles geleistet haben und dann noch das Glück über all die schönen Minuten mit den Kindern und der Familie genießen können.

  10. kopf hoch…
    …ich habe dieses chaos hier seit ferienanfang vor 3 Wochen und es nimmt scheinbar kein ende…an meinem heutigen Ehrentag habe ich zwar nur ein kind zuhause, aber auch das langweilt sich eigentlich gerade tierisch mit mir und will nur Unsinn anstellen, manchmal sind mamatage eben kacke…irgendwie…heulen hilft und ich finde dein Abend war doch auch ein guter ausklang. manchmal muss man glaub ich einfach durchhalten 🙁 ganz liebe grüße…

  11. Ich drück die Daumen, ich hab
    Ich drück die Daumen, ich hab nur eine und ein zweites namens Ehemann und ich kann deinen Tag und die Tränen und das Bier soooooo nachvollziehen.

  12. Danke!!
    Danke, dass auch solche Tage hier ihren Platz finden und ich mich deshalb nicht so alleine fühle. Und vor allem, dass du das Ende so beschrieben hast wie es war.

  13. Ich kann dich gut verstehen,
    Ich kann dich gut verstehen, nach solch einem Tag bin ich persönlich wirklich froh wenn er endlich rum ist und die Kinder endlich mal schlafen.

  14. Hallo,

    Hallo,
    solche Du Tage sind furchtbar und ich bin sicher, es gibt sie überall. Und ich bin dankbar mal Realität und nicht die perfekte Welt zu lesen.

    Wir waren mit den Zwillingen und der Jüngsten nach einem Ausflug bei nem Netto. Also ich zuerst mit den Jungs und die haben da diese Dinger mit denen man die Brötchen irgendwie angeln kann… nach dem 10 Brötchen von den Kindern rausgelangelt und die Mitarbeiter hinter mir schon komisch guckten, wollte ich weiter, aber die Jungs nicht. Die hatten vorher irgendwann schon mit hören aufgehört und dann sagt der 20jährige Typ von Netto hinter mir, meine verzweifelten Motzereien und Betteleien aufzuhören hörend, „guck mal, die hat ihre Kinder gar nicht im Griff“ WTF – Dankeschön. Ich bin dann erstmal drei Schritte weiter. Da kam auch schon mein Mann mit unserer Tochter und hat sich der Sache mit angenommen- ich sagte nur noch „Kommt Jungs, die Nettomitarbeiter gucken schon komisch.“ Kreativer gings nicht. Aber ich war echt vor den Kopf gestoßen.

    Manchmal ist es irgendwie blöd.

    Kopf hoch, wir machen das trotzdem toll.

    LG Franzi