Sagt doch einfach mal „Es tut mir leid!“

Liebe Lisa, immer wieder wird man ja gefragt, welche Werte man seinen Kindern mitgeben will. Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Empathie, Selbstbewusstsein – ach, mir fallen da tausend Dinge ein. Und seit Kurzem ist etwas Neues dazugekommen. Nämlich die Fähigkeit, Fehler einzugestehen. Und das kam so:

Wir hatten ein Auto für einen Wochenendausflug gemietet, das ich um 17 Uhr abholen wollte. Dann stellte sich heraus, dass wir doch schon früher loskommen würden, also rief ich morgens um acht in der Vermietstation an und fragte, ob ich denn das Auto auch schon gegen 11 Uhr holen könnte. Kein Problem, allerdings müsste das Auto dann eben auch früher wieder abgegeben werden, weil der 24 Stunde Rhythmus gilt. Das war für uns kein Problem, also fragte ich, ob denn ein Auto für uns bereit stände. Ja, ich könne sofort vorbei kommen. Ich antwortete, dass ich noch arbeiten müsse, aber in meiner verfrühten Mittagspause, also um 11 Uhr kommen würde. Ich legte auf und freute mich. Wie angekündigt stand ich um 11 Uhr am Schalter und hatte auch den Herrn vom Telefon vor mir. Er hackte ein paar Minuten in seinem Computer herum und sagte dann, ich könne das Auto doch nicht holen, sondern müsste noch eine Stunde warten. Es sei ein Tarif gebucht, den er erst ab 12 Uhr mittags frei geben könnte. Ich war irritiert. Ich hatte doch angerufen, meinen Namen, meine Reservierungsnummer durchgegeben und gefragt, ob ich früher kommen könnte. Der Mann zuckte mit den Schultern und sagte, das habe er vorhin nicht gesehen und er könne nicht für mich tun. Da stand ich nun, den restliche Tag minutiös durchgeplant, diese eine Stunde Leerlauf konnte ich mir eigentlich nicht leisten. Ich wiederholte, dass ich das nicht verstehen würde, ich hätte mich ja zweimal am Telefon abgesichert und eine Stunde hier abzuhängen sei für mich ganz ganz blöd. Er wurde mürrisch und sagte, er könne mir nicht helfen, so sei das eben und ich solle um 12 Uhr wiederkommen.

Natürlich ist es kein Weltuntergang, eine Stunde auf ein Auto zu warten. Es war schlicht unangenehm für mich, weil ich noch so viel zu tun hatte. Aber darum ging es auch nicht. Es ging um die Reaktion des Auto-Vermieters. Ich hätte mir gewünscht, dass er sagt: „Mist, da hab ich was übersehen. Das tut mir leid. Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten, während Sie warten?“ Aber nein – er schob sofort die Verantwortung weg, wurde unfreundlich und blockte ab. Das war das, was mich wirklich wütend machte.

Ich frage mich, warum es so schwer ist, einen Fehler einzugestehen. Wir alle machen Fehler, das ist nun mal so. Und das ist keine Tragödie. Menschliche Größe wäre es, sie einzugestehen, sich zu entschuldigen, versuchen, den Fehler wieder gutzumachen. Der Autovermieter steht nur exemplarisch für ein Verhalten, das mir immer wieder begegnet. Sich wegducken, Schulternzucken, abblocken. Dabei wäre es ganz einfach gewesen, mich zu besänftigen. Mit Ehrlichkeit und Bedauern.

Also wartete ich eine Stunde, bis der Mann um punkt 12 Uhr zweimal auf seinem Computer herumdrückte und mir dann die Schlüssel übergab… Innerlich war ich auf 180…

Es wurde trotzdem ein wunderbares Wochenende. Und wie anfangs gesagt: Diese Sache war mal wieder ein Lehrstück für mich. Ich möchte, dass meine Kinder den Arsch in der Hose haben und zugeben können, wenn sie was verbockt haben. 

Fotoquelle: photocase/Fotograf: David-W-


3 comments

  1. Genau mein Reden
    Ich habe eine ähnliche Situation vor einigen Tagen mit bzw. Bei unserer Dhl bzw.postfiliale gehabt. Ein einfaches: „oh da ist irgendwie was falsch gelaufen“ hätte so einfach mein etwas aufgeregtes Empörtsein wieder runtergeholt. Ich erwartete keine tiefen verbeugungen o.ä. Aber was mir da so gesagt wurde, hat mich ehrlich in Rage versetzt. Ich bin selber so oft nachsichtig, gehe aus dem Weg, mache Platz, grüsse freundlich, hebe runtergefallene Dinge auf. Das ist unfair.
    Ich kam nach Hause und erzählte es meinem Sohn, 8 Jahre. Und seine Antwort war: Mama, du sagst zu mir immer, wenn man Fehler macht, muss man dafür grade stehen.
    Ich dachte nur: sieh an, der ist weiter als die Leiterin der postfiliale!

  2. …das kommt mir so bekannt vor…
    Liebe Katharina, bei dem Text habe ich mich an eine berufliche Situation gaaanz am Anfang meines Berufslebens erinnert: Dienstreise, 4 Personen, 1 erfahrener Manager „läßt“ organisieren, führt sich auf wie der Größte…das Ende vom Lied: wir landen Sonntagabend !!! an einem Ort gleichen Namens der aber 300 km vom eigentlichen Zielort entfernt liegt…wir sind dann (komplett gequetscht im Taxi) 3h gefahren, sind mitten in der Nacht angekommen und beim Bier an der Hotelbar konnte er sich noch nicht mal entschuldigen bzw. zugeben, dass ihm da wohl ein Fehler unterlaufen ist…inzwischen kann ich gut drüber Lachen, in der Situation war ich am Kochen und hatte auch jeglichen Respekt/Ehrfurcht vor den hohen Herren verloren … LG Eva

  3. Du hast so recht!
    Liebe Katharina,

    schon die Überschrift sprach mich an und der ganze Text dann erst recht.

    Ich kenne solche Situationen gut. Gerade vor paar Tagen versetzte mich eine Bekannte unentschuldigt und ohne vorherige Info. Ich hab mich danach so geärgert. Hätte sie einfach gesagt „oh verdammt, Du hast auf mich gewartet?! Es tut mir leid, ich hab die Verabredung total vergessen!“ oder sowas, hätte ich innerlich vielleicht ganz kurz gegrummelt und die Sache wäre erledigt. Stattdessen habe ich den ganzen Abend und eigentlich heute noch gedacht, wie dreist ich es finde mich stehen zu lassen und das offensichtlich bewusst oder zumidnest ohne Entschuldigung, Erklärung.

    Und ich finde auch, man ist doch so schnell besänftigt und auch der der sich entschuldigt hat doch ein besseres Gefühl, als den Groll des Anderen zu spüren.

    Ich hoffe auch, dass ich das meinem Kind vermitteln kann und da stets ein gutes Vorbild bin.

    Viele Grüße!