Liebesbriefe bei „STADT LAND MAMA“. Teil 1. Von Stolz und Kinderwunsch.

Einen Liebesbrief an meinen Mann soll ich verfassen, ganz öffentlich und ehrlich. Das ist gar nicht so leicht, wenn sich eben jener Mann vor knapp vier Stunden mit einem knurrigen Gesicht und unerklärlich schlechter Laune ins Büro verabschiedet hat, um mich mit der gemeinsamen krähende Brut zurückzulassen, die mich ohnehin den ganzen Tag ärgert. Es ist gar nicht so leicht, die warmen, liebevollen Worte zu finden, die dem Partner zustehen, mit dem man sein Leben verbringt. Und verbringen wollte, will und wird. Denn die Liebe ist irgendwie gar nicht so leicht, wie man sich das als romantischer Teenager immer vorgestellt hat. Schon gar nicht, wenn man Kinder hat, die noch sehr klein sind, doppelt auf die Welt kommen oder nicht schlafen wollen. Alles in allem ist das Leben an sich doch eher anstrengend, gar nicht so locker flockig wie im Fernsehen und die Realität ist meist ziemlich kühl. Da vergisst man vor lauter Haushalt, Wäsche, Jobstress, Geldsorgen und Versicherungspolicen schon mal das Bauchkribbeln, dass so schön ist. Man muss sich konkret daran erinnern, und das mache ich jetzt. 

Mein lieber Hans,

ich erinnere mich an den Stolz, der mir immer rote Wangen gezaubert hat, als wir in unseren ersten Monate zusammen in der Öffentlichkeit waren. Das ist mein Freund, der gehört zu mir, weil dieser großartige Mensch ausgerechnet mit mir zusammen sein will. Ich erinnere mich an viele kleine Wochenendreisen quer durch Europa, bei denen so viele so wunderschöne, innige und lustige Momente entstanden sind, dass nur wenige der gemachten Fotos das ungetrübte Glück von uns zwei Verliebten wiedergeben können. Ich erinnere mich wie du schon nach kurzer Zeit von Hochzeit sprachst, als wäre es das natürlichste auf der Welt. Ich erinnere mich, wie du nach weniger als zwei Jahren um meine Hand angehalten hast und so nervös warst, dass du danach erst mal ganz schön lange gar nichts mehr gesagt hast. Ich erinnere mich an unsere Hochzeit, bei der mir so richtig doll übel war. Weil ich so richtig doll schwanger war. Mit gleich zwei Kindern. Ich weiß noch genau, wie du jeden Tag dem riesengroßen Bauch Guten Morgen und Gute Nacht gewünscht hast und wie die Kinder schon ungeboren auf deine Stimme reagiert haben. Ich erinnere mich an deine Hand, die meine hielt, als beide nacheinander zu früh aber kerngesund das Licht der Welt erblickten. Und an die Tränen voll fassungslosem Glück, die wir dabei vergossen haben. Ich erinnere mich daran, wie du völlig losgelöst vom Alltag in deiner Elternzeit mit zwei Säuglingen auf dem Bauch unter der Decke im Bett lagst und sagtest: „Ihr zwei, ihr sollt ganz glücklich werden. So glücklich wie noch nie jemand glücklich war. Das verspreche ich Euch.“.

Ich erinnere mich auch an schlimme Phasen, die mir durch Mark und Bein gingen. Daran wie schwierig Familienkonstellationen sein können und wie sehr sie ein Paar belasten können. Ich erinnere mich an gemeinsame Tränen nach der Empfehlung ‚Kinderwunschbehandlung, das ist alles was Ihnen noch helfen kann’. Und an die darauf folgende schwere Zeit auf dem Weg zur Schwangerschaft. Dann daran, wie viel Angst man um das Leben von ungeborenen Kindern haben kann. Und an den schrecklichen Anblick zweier Frühgeborener auf der Intensivstation. Ich erinnere mich an schlimme Phasen mit zwei schlecht schlafenden Säuglingen und den Schwierigkeiten, die dieses völlig neue Leben, das man so viel einfacher erwartet hatte als es in Wirklichkeit ist, mitgebracht hat. Ich erinnere mich an viele schlecht gelaunte Morgen, in denen du für viele Überstunden ins Büro aufbrachst und die Kinder kaum zu Gesicht bekamst. Und viele einsame Abende ohne deine Gesellschaft. Aber das alles ist gut, denn dass ich mich daran erinnere ist nur möglich, weil wir all das zusammen durchgestanden haben. Weil wir gemeinsam durchgehalten haben auch wenn es manchmal nicht nach Durchhalten aussah. Oder sich danach angefühlt hat. Es ist gut, dass es diese Phasen gibt, denn so schwer sie auch sind zeigen sie doch, wie wertvoll und großartig die guten Zeiten sind.

Wenn man das alles zusammenrechnet, dann sind das am Ende genau die großen Gefühle, von denen ich als Teenager geträumt habe. Nur eben ganz anders. Und irgendwie besser.

In Liebe,

Frida