Blinde Mama: Es ist schade, dass ich den Legoturm meins Sohnes nicht sehen kann

Liebe Maria, Erzähl doch erstmal, wer alles zu Deiner Familie gehört.

Mein Mann Stephan und ich haben zwei Kinder – Baby Zoe ist 9 Monate alt und Sohn Noel wird im September drei Jahre. Außerdem haben wir noch zwei Hunde

Du bist seit sechs Jahren blind. 

Ja, ich hatte die Augenerkrankung Glaukom, besser bekannt als Grüner Star. Durch diese Krankheit bin ich schließlich erblindet. 

Kannst Du Dich noch an Deine Gefühle erinnern, als Du realisiert hast, dass Du von nun an nicht mehr sehen kannst?

Mit der Diagnose wusste ich, dass diese Erkrankung zur Erblindung führen kann. Als es dann soweit war, hat es mir dennoch den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich bekam Depressionen und war drei Jahre in Therapie. 

Was war die härteste Umstellung im Alltag?

Ehrlich gesagt war einfach alles hart. Ich musste beginnen, mich komplett auf meine anderen Sinne zu verlassen. Man muss alle Dinge nochmal anders lernen. Mein Mann hat heute noch Panik, wenn ich zum Beispiel Obst und Gemüse mit einem Messer klein schneide. Bisher sind aber alle Finger heil geblieben. 

Wenn Dein Sohn sich jetzt weh tut, kannst Du ja zum Beispiel nicht sehen, ob er blutet. Habt Ihr für solche Fälle einen besonderen Plan?

Wenn meine Kinder sich wehtun, taste ich sie komplett und sorgfältig ab. Blut ist ja nass, klebt und riecht – das kann man also gut erkennen. Und mein Sohn ist ja mittlerweile in einem Alter, in dem er sich schon gut mitteilen kann, wo ihm was wehtut und was passiert ist. 

Ist die Blindheit für deinen Sohn ein Thema?

Er merkt natürlich, dass ich anders bin als andere Mütter. Ich glaube nicht, dass es für ihn ein Problem ist – er kennt es ja auch nicht anders. Wenn er zum Beispiel einen Legoturm gebaut hat und möchte, dass ich ihn mir „ansehe“, dann nimmt er meine Hände, legt sie darauf, damit ich den Turm erfühlen kann. 

Hast Du schon mal unangenehme Erfahrungen mit der Gesellschaft gemacht als blinde Mutter?

Bis jetzt zum Glück nicht. Ich hoffe sehr, dass das so bleibt. 

Wie meistert Ihr den Alltag ganz praktisch: 
Wie erkennst Du, welche Farbe das Shirt im Schrank hat?

Wir leben ja zum Glück in einer sehr modernen Zeit, was Technik betrifft. Ich habe ein Gerät, das mir die Farben ansagt. Es gibt viele gute Helfer – unser Fiebertherometer sagt zum Beispiel die Temperatur an.

Wie klappt das, wenn Du mit den Kids in den Supermarkt gehst? Mein Sohn zum Beispiel verschwindet immer gerne zwischen den Regalen…

Genau deshalb gehe ich nie alleine mit den Kindern einkaufen – das wäre einfach zu gefährlich. Manchmal begleiten mich Freunde oder Familienmitglieder. Oder mein Mann übernimmt eben den Einkauf. 

Ich schicke Dir ja diese Fragen schriftlich – wie klappt das?

Ich besitze ein Iphone für Blinde. Darauf ist eine Software, die mir alles ansagt.
 
Was möchtest Du Müttern in ähnlichen Situationen raten?
 
Es ist hart, aber bitte gebt nicht auf. Es gibt für alles eine Lösung.