Gastbeitrag von Johanna: Einmal One-Way-Ticket bitte – Als Expat- Familie nach Seoul in Südkorea

"Seid ihr verrückt, Südkorea? Mit der ganzen Familie? Mit zwei kleinen Kindern?" So und ähnlich waren die meisten Reaktionen, als wir davon erzählten, dass wir erstmal für eine Weile nach Seoul ziehen würden. Dennoch haben wir unsere Koffer (und noch viel mehr) gepackt, unsere Zelte in Deutschland abgebrochen und sind mit Kind und Kegel ans andere Ende der Welt gezogen. Für wie lange? Das wissen wir noch nicht.

Wie fühlt sich das an? Was erwartet mich? Werde ich den Herausforderung gewachsen sein? Werde ich es für meine Kinder so gestalten können, dass auch sie sich wohlfühlen?

Manchmal hat man ja so ein Bauchgefühl. Es fühlte sich von Anfang an gut und richtig an. Der Zeitpunkt war und ist perfekt, die Kinder sind noch klein und können sich an eine fremde Umgebung schnell gewöhnen. Sowieso scheint für sie einzig und alleine der Umstand zu zählen, dass Mama und Papa bei ihnen sind. Dort wo Mama und Papa sind, ist ihr zuhause – ortsunabhängig!

My home is where my parents are! Eine Beobachtung, die gundsätzlich gut tut und die es zu genießen gilt!

Aber nun von vorne. Dass wir jobbedingt nach Südkorea ziehen, entschieden wir relativ kurzfristig. Mit einer Vorlaufzeit von circa vier Monaten hatten wir aber genügend Zeit, uns zumindest oberflächlich auf den Umstand, dass wir Deutschland erst einmal den Rücken kehren werden, einzustellen.

Wir verabschiedeten uns von unserem bisherigen Alltag, unseren Routinen, unserer Umgebung, unseren sicheren Orten, unserer Wohnung, unseren Freunden und unserer Familie. Viele Abschiede. Dennoch, die Gefühle waren immer überlagert von einer freudigen Erwartungshaltung und dem Gespanntsein, was uns in Korea erwarten würden.

Glücklicherweise konnten wir uns auf unserer Orientierungsreise einen ersten Eindruck unserer neuen Heimat machen. Wohnung und Kindergarten gefunden, sämtliche To-Dos erledigt, konnte ich mich zurück in Deutschland in Einkäufe stürzen.

Shoppen, shoppen, shoppen – massenweise Lebensmittel, Windeln, Babyartikel mussten eingekauft werden – denn ich hatte das Gefühl all das dort nicht finden zu können, oder zumindest nicht unbedingt in der Qualität und zu den Preisen, wie wir es gewohnt waren. Zum Teil sollte sich das bewahrheiten, teilweise aber auch nicht.

Und dann war er plötzlich da, der Tag der großen Abreise, der Sprung ins kalte Wasser – es fühlte sich an nach: Augen zu und durch. Ich habe mir versprochen, ich werde nicht weinen, in keinem Moment, ich möchte lachen, denn ich wollte weder meinen Kindern, noch unserer Familie das Gefühl geben, dass das was wir da machen etwas Schlimmes ist. Ich glaube, ich habe es geschafft. Dennoch war es natürlich ein sehr prägender Moment, als wir uns zuhause und am Flughafen von all den Menschen trennen mussten, die bis zu diesem Zeitpunkt alltäglicher Bestandteil unseres Lebens waren.

 

We are like islands in the sea,

separated on the surface but connected in the deep.

(William James)

 

Ich bin nicht der Mensch, der die Menschen, die mir nahe sind und mir viel bedeuten, ständig um mich haben muss, um zu wissen, dass wir in der Tat fest miteinander verbunden sind. Für mich zählt das Wissen und die Gewissheit darüber, dass diese Menschen da sind und da sein werden, auch wenn wir uns eine ganze Weile nicht haben sehen können. Im heutigen Zeitalter modernster Technologien, wo wir in Millisekunden Nachrichten um den ganzen Erdball senden können, mit Video telefonieren und uns in Echtzeit an jedem Ort dieser Erde problemlos sehen können, hat die Ferne ein wenig an Distanz und die Distanz ein wenig an Magie verloren, findet ihr nicht auch?

Und somit wusste ich, dieser Abschied ist erstmal nur ein Abschied bis zum nächsten Skype Video-Call nach einem 10-Stunden-Flug oder bis zu den nächsten 50 Bildern, die wir in den kommenden Tagen um den halben Globus senden würden.

Eine wesentlich größere Herausforderung als das Verabschieden sollte das Ankommen werden. Hiermit meine ich nicht das physische Ankommen in einer fremden Stadt, den anstrengenden Flug mit zwei Kids oder das Beziehen einer relativ leeren Wohnung unter Berücksichtigung des Umstandes, dass unser komplettes Hab und Gut noch drei Monate über die Weltmeere schippern würde.

Nein! Mit Ankommen meine ich, die Herausforderungen und Neuheiten, die einen in einer fremden Kultur, auf einem fremden Kontinent, in einem fremden Land, mit fremden Menschen erwarten, anzunehmen.

Die Schwierigkeit dabei scheint zu sein, dass man allzu gerne vergleicht. Man vergleicht mit dem, was man bisher kannte und beginnt zu bewerten – das Alte und das Neue. Um ein solches Abenteuer aber glücklich und zufrieden erleben zu können, sollte man unvoreingenommen, offen für und neugierig auf das sein, was einen in der neuen Heimat erwartet.

Zugegebenermaßen entspricht das Leben als Expat-Familie in Südkorea nicht dem Leben eines durchschnittlichen Koreaners. Die meisten unserer neuen Freunde sind ebenfalls Expat-Familien. Einen tiefen und realistischen Einblick in das „real-korean-life“ konnten wir bisher noch nicht bekommen.

Dennoch haben wir uns zu arrangiert mit den Gepflogenheiten einer anderen Kultur und leben in einem Land, dass so völlig anders ist als Europa und als Deutschland.  Die Kinder können unsere Vorbilder sein. Wir durften schon einige schöne Situationen miterleben, in denen es offensichtlich wurde, dass einander verstehen und miteinander zurechtkommen zum Beispiel nicht zwingend etwas mit gemeinsamer Sprache zu tun haben muss.

Die Vielfalt unserer Welt, unserer Kulturen und uns Menschen kann man dann am besten sehen, wenn man zumindest für eine Weile seine gewohnte Umgebung, seinen sicheren Hafen, verlassen hat und in eine andere Welt eintauchen konnte – nach vier Monaten Leben am anderen Ende der Welt ist das mein erstes Fazit – alleine dafür hat es sich gelohnt!

 

P.S. Falls Euch Johanna bekannt vorkommt… .Ja, sie hat hier bei uns schon einmal einen tollen Gastbeitrag veröffentlicht. Und zum Weiterlesen empfehlen wir Euch Johannas Blog Mamalogik!