Elternabend – Der Unterschied

Ihr Lieben, „Große Ärsche auf kleinen Stühlen“ heißt ein Buch, das vor einiger Zeit in der Elternwelt ziemlich erfolgreich die Runde machte und es geht um die „Benni-Mama“, die mit dem Betreten der Kindergartenwelt an der Pforte ihre Identität abgegeben hat und ab dann nur noch „die Mutter von…“ ist. Der Titel bezieht sich natürlich auf ein ganz spezielles Thema in dieser Zeit: den Elternabend.
Nun sind bei mir die Stühle nicht mehr ganz so klein, denn ich muss meinen „Arsch“ nicht mehr auf Kindergartenstühle zwängen (schluchz – war ja auch niedlich), sondern darf schon auf den etwas größeren Stühlen der Erst- bis Viertklässler Platz nehmen. Gestern war es mal wieder so weit.
Und weil ich die Stadt-Land-Unterschiede gerade in Sachen Elternabende wirklich gravierend finde, weil sich hier im Kleinen zeigt, wie Stadt- und Land-Eltern auch im Großen anders ticken, ist mir das diesen Beitrag wert.

Ich erinnere mich, dass wir – vor einigen Jahren –  in unserer selbst gegründeten Elterninitiative in Prenzlauer Berg (ja, ich weiß, allein das ist schon Klischee genug) teilweise bis nach ein Uhr nachts auf diesen kleinen Stühlen saßen, nee, meist zogen wir gegen 22 Uhr dann in die Bar nebenan und es wurde gemütlicher. Das änderte aber nichts an den Themen, die dort von oben bis unten und wieder zurück besprochen werden mussten, bis eine Art Konsens herrschte. Ein Tweet, den dasnuf gestern teilte, katapultierte mich gestern wieder zurück in diese Welt, von der ich seit zweieinhalb Jahren nun kein Teil mehr bin. Und der ging so:

Retweeted David Rockerfield (@rock_galore):
„Zum Thema Geburtstagskuchen. Man kann Kuchen auch mit Agavendicksaft backen. Zucker ist ein Nervengift!“ You gotta love Elternabend.

Ja. Zucker ist Nervengift und wehe, jemand tut SOWAS unseren Kindern an: Kuchen mit Zucker, wo kommen wir denn da hin? Und überhaupt Ziegenmilch ist ja viiiel besser für Kinder als Kuhmilch oder wollen wir nicht gleich gespendete Muttermilch an alle ausschenken? Ich übertreibe. Im Rückblick ist das ja auch lustig. Aber in der Situation? Zermürbend!

„Aber es geht doch um unsere Kinder!“

„Ja, genau, und die haben GAR keinen Bock drauf, mich morgen schlecht gelaunt und übermüdet vorzufinden, weil ich die ganze Nacht über Hühner- oder Wachteleier diskutiert habe!“

Grmpfl.

Also weiter im Text: Hier auf dem Land ist das anders. Und mit Sicherheit auch in vielen Städten und Stadtteilen. Lebensnaher halt. Ja, auch hier wurde gewünscht, dass die Kinder nicht nur Sprudelwasser, sondern auch stilles Wasser angeboten bekommen. Aber: Die Lehrerin sagt dann: Ich frag mal nach. Und damit ist das Thema dann auch ABGEHAKT. Wir mussten nicht diskutieren oder Konzepte in Frage stellen, wir haben uns das alles angehört, unverdächtig in der Luft herumgeguckt als es um den Posten des Klassenpflegschaftsvertreters ging und dann sind wir alle fröhlich und SCHON UM KURZ VOR ZEHN nach Hause gegangen. Sehr unaufgeregt, sehr angenehm.

Irgendwie ist das hier alles selbstverständlicher. Kinder zu haben. Nicht aus jeder Mücke einen Elefanten zu machen. Am Boden zu bleiben. Spießig könnte man sagen (Vorwurf: Wer nichts hinterfragt, bleibt stehen!). Ich sage: Zufrieden. Vertrauend. Gemütlich. (Rechtfertigung: Einfach mal zusammensitzen, auch wenn die Stühle zu klein für unsere „Ärsche“ sind).


4 comments

  1. Überall dasselbe…
    Dein Text ist für mich eines der wenigen Argumente, die für ein Landleben sprechen würden! 🙂

    Wir wohnen in München, sind Teil einer Elterninitiative (auch selbstgegründet 🙂 und die Elternabende sind immer wieder der Brüller und ähnlich wie von dir beschrieben.

    Andererseits bekommen wir dadurch auch wahnsinnig viel mit vom Alltag unserer Kinder, und gerade im Krippenalter, in dem die Kinder anfangs noch nicht so viel alleine erzählen können, ist das Gold wert, so eingebunden zu sein und mitbestimmen zu können.

  2. … aber liegt das nicht eher …
    … an den Elterinitiativen?

    Als Mutter und aus beruflichen Gründen (Dolmetscherin) nehme ich regelmäßig an Elternabenden teil, sowohl in den beiden größten Städten Deutschlands als auch im Umland und muß sagen: den schlimmsten und längsten Elternabend habe ich in einer KiTa erlebt, die durch eine Elterninitative geleitet wird. Der dauerte über 3 Stunden und es wurden nur 3-4 Themen gesprochen. Am Ende hätte ich am liebsten alle Anwesenden angebrüllt .
    Gott sei Dank mußte ich so etwas nicht nochmal mitmachen. Und alle anderen Elternabende dauern ca. 1-1 1/2 Std, abhängig von Klassenstufen und Themen und da nehmen sich Stadt und Land nichts. 😉

  3. Aber..
    ..auch ich als vielbeschriebene Prenzlauer Berg Mutti diskutiere nicht über Ziegenmilch noch gibt es bei uns zig verschiedene Milchvariationen im Kühlschrank und ich kauf nicht alles im Bioladen.. Ich hoffe die neue Stadt Mama wird dazu beitragen dieses quere Stadtmama Bild etwas gerader zu rücken!
    Wobei Lisa den Beitrag find ich trotzdem lesenswert!

  4. So isses
    und ich mag das. Auch ich lebe eher ländlich und die Elternabende dauern regelmäßig nie länger als 45 Minuten. Manchmal ist mir das auch alles etwas zu flott, da wird dann eben mal fix durch alle Fächer und anstehenden wie vergangenen Veranstaltungen gehechelt, das im Stakkato. Kurzer Blick in die Elternschaft: „Noch Fragen dazu?“ – Ääähm warte mal, also ich glaube… ach nee, keine.- „Gut dann kommen wir zum Abschluss.“
    Da wünsche ich mir manchmal schon mehr Raum, aber der birgt natürlich das Risiko sich auch mal tot zu diskutieren. Bei uns sind es dann eher Fragen wie „Muss die Lehrerin die Eltern nach erfolgreicher Ankunft im Schullandheim darüber informieren oder nicht?“ Kann nervig werden, aber manchmal würde mich die ein oder andere Meinung duraus interessieren. Dafür gibt es dann den Elternstammtisch, aber mal ehrlich: Die Meinung der Leute, die da hinkommen, kenne ich meistens schon seit dem Kindergarten, die anderen fahren nach dem Hechelelternabend schnell nach hause und legen Wäsche zusammen…