Das Leben ist eine Pralinenschachtel

Der Plan war: Morgens joggen gehen, dann ab an den Schreibtisch. Endlich den Text anfangen, den ich schon eine Weile vor mir her schiebe. Ich wollte mir einen schönen Kaffee machen, in Ruhe die Wörter kommen lassen, konzentriert arbeiten. Dann die Kinder von der Kita abholen, die Große zum Tanzen bringen. Kochen, gemeinsam Abendessen, Bade-Session machen. Vorlesen, kuscheln. Den Abend mit einer Freundin verbringen.

Doch dann hatte das Söhnchen am Abend vorher Temperatur. Er schlief die Nacht unruhig. Es war klar, dass er den Tag drauf zu Hause bleiben würde. Und  somit alle Pläne umsonst waren. Wir kuschelten bis halb zehn auf der Couch im Schlafanzug, zogen dann bequeme Klamotten an. Setzen uns auf den Spieleteppich und bauten ein Lego-Wunderland. Lasen Bücher, sortierten gemeinsam die Wäsche. Der Computer wurde nicht benutzt. Ich war nicht einkaufen, habe abends nur Nudeln gekocht. Die Badewanne blieb leer. Und abends lag ich auf der Couch und war einfach nur müde.

Ach ja, Pläne und Kinder. Ein Widerspruch in sich. Und das seit Anfang an.

Man kann sich vornehmen, dass man die coolste, lustigste Mutter der Welt wird. Doch dann hat das Baby Fieber und man überlegt, ob man bei 38,5 den Notarzt anrufen kann.

Man kann sich vornehmen, die Karriereleiter weiter empor zu klettern, doch dann will man doch lieber länger beim Kind bleiben. 

Man kann sich vornehmen, eine Full-Time-Mama zu sein, doch dann fehlt einem der Job plötzlich so. 

Man kann sich vornehmen, das Baby schläft von Beginn an im eigenen Bett. Doch die eigene Müdigkeit ist irgendwann so groß, dass man keine Kraft mehr hat, immer ins andere Zimmer zu laufen.

Man kann sich vornehmen, dass das Kind ein Sportass werden soll. Doch dann malt und bastelt es viel lieber.

Man kann sich vornehmen, das Baby mit auf Partys zu nehmen. Doch dann liegt man viel lieber auf der Couch.

Man kann sich vornehmen, das Kind so ausgewogen wie nur möglich zu ernähren. Doch dann serviert man nur trockene Nudeln, weil alles andere verweigert wird.

Man kann sich vornehmen, das Kind mit sechs Monaten abzustillen. Doch dann nimmt das Kind keine Flasche.

Man kann sich vornehmen, sich jeden Morgen was Nettes anzuziehen. Doch dann ist immer alles in der Wäsche.

Man kann sich vornehmen, dass das Kind selbstbewusst sein soll. Doch dann braucht das Kind viel mehr Unterstützung und Nähe.

Was Kinder uns wirklich lehren: Pläne sind für´n Arsch. Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel, du weißt nie, was Du bekommst. Um es mal mit Forrest Gump zu sagen. Je eher wir kapieren, dass wir unsere Vorstellungen los lassen müssen, desto eher können wir glücklich das annehmen, was wir geschenkt bekommen haben. Ein einzigartiges, großartiges, wundervolles Kind. Und damit die Aufgabe, immer für es dazu sein. 


4 comments

  1. Genau. Vor fast genau einem
    Genau. Vor fast genau einem Jahr hatte ich letzten Arbeitstag. Ich hatte mir Urlaub und Gleitzeitabbau so gelegt, dass ich vor dem errechneten Geburtstermin 3 Monate frei gehabt hätte. 3 Monate Zeit für mich und Netflix. 14 Tage später war ich wegen Verdacht auf Schwangerschaftsvergiftung im Krankenhaus, eine Woche später Frühchenmama eines Sohnes, der so viel wog wie eine Packung Milch. 13 Wochen täglich in der Klinik. Pläne sind oft schon vor der Geburt im Arsch 🙂

  2. Danke…
    …der nette Artikel „just made my day“! Und es ist gut, auch manchmal die Väter daran zu erinnern, dass Mama-Sein und Pläne sich zumindest in den ersten Lebensjahren fast völlig ausschließen…

    Eine Nerd-Frage: Beendete Forrest Gump seinen Satz nicht mit: „…man weiß nie, was man kriegt.“? (Ich fand „kriegen“ so goldig, da es von Erwachsenen ja eigentlich kaum mehr benutzt wird.)

  3. unsere Pralinenschachtel
    Toller Artikel. Er trifft heute genau auf mich zu.

    Überraschend fieberndes Kind und der Tagesablauf mit einem fitten und einem kranken Kind meistern trotz eigener Müdigkeit.

    Lg

  4. Wunderbar…
    Wunderbar geschrieben, genau so ist es… 🙂 Wobei ich es für mich trotzdem wichtig finde, Pläne zu machen – nur so, als grobe Richtungsangabe fürs eigene Handeln. Wenns nicht klappt – was solls, dann wird eben schnell umgeplant 🙂