Brief an die Bundesfamilienministerin – Willkommen Frau Schwesig!

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Liebe Frau Schwesig,
liebe startende Familienministerin,

Sie sind erst ein paar Tage im Amt und schon weht Ihnen Gegenweind entgegen in Sachen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich für Eltern. Dabei haben wir Sie noch gar nicht begrüßt in unseren Reihen, was wir hiermit gern nachholen möchten. Es gibt hier nämlich eine Menge von uns, die sehr gespannt sind, was da aus Ihrem Ministerium kommt in Bälde und in Zukunft.
Wir haben das Gefühl, dass kaum je so viel über die Situation von Familien gesprochen wurde. Das liegt vielleicht an unserem Alter, in dem man über Familie nachdenkt, das liegt aber sicherlich auch daran, dass die Situation unbefriedigend ist, so wie sie jetzt ist.

Nie war der Einschnitt durch ein Kind für Frauen und Männer gefühlt so groß wie heute. Weil wir vor der Familiengründung in absoluter (Wahl-)Freiheit lebten – die Entscheidung für oder gegen ein Kind mit eingeschlossen. Weil es einen Einschnitt bedeutet, in welcher Farbe auch immer, schwarz, weiß, grau. Weil Glücks- und Angst-Gefühle frei werden, die wir nicht gekannt haben. Weil wir den direkten Vergleich haben zu anderen, die sich für einen anderen Weg entschieden haben. Und dann kommt da diese Liebe und diese Abhängigkeit und dieser Rollenkonflikt.
Und wir wickeln und wir sind glücklich und dann sind wir fünf Minuten später betrübt, weil wir an die Arbeit denken, die wir entweder gerade nicht mehr haben, weil wir zu Hause bleiben oder die wir eben doch noch haben und zu der wir morgen wieder pünktlich erscheinen müssen, obwohl wir doch diesen kleinen Wurm vor uns eigentlich noch gar nicht aus den Händen geben möchten. Und in beiden Fällen rollen die Tränen, rücken verzweifelte Gedanken in die Stirn, weil wir nämlich alles haben wollen.
Unser altes Leben und unser neues.
Wir möchten arbeiten und wir möchten Eltern sein. Manche mögen von dem einen mehr, die anderen von dem anderen. Manche müssen von dem einen mehr (etwa durch Geldsorgen), andere von dem anderen (etwa weil der Chef nach Bekanntwerden der Schwangerschaft den Vertrag nicht verlängert hat).
Es ist so schwierig, hier Kompromisse zu finden und die Politik kann das leider nicht alles richten und uns den Zweispalt abnehmen. Sie kann uns keine sozialen Netze erschaffen, dafür müssen wir schon selbst sorgen, aber sie kann diesen Spagat verkleinern und sie kann ihn erleichtern, uns den Weg ebnen. Und aus diesem Grund sind wir so gepannt, was da von Ihnen alles an Ideen kommt.

Wir wünschen Ihnen viel Kraft für diese Aufgabe und wir wünschen uns, dass wir einen Schritt weiter kommen. Einen Schritt weiter in eine Richtung, die für alle gut ist. Für uns Familien, für unsere Kinder, für unsere Arbeitgeber und letztlich für unsere Gesellschaft.

Wir schauen Ihnen auf die Finger, Frau Schwesig. Und sind gespannt.

Ihre Stadt Land Mamas

Frage: Was wünscht Ihr Euch aus dem Bundesfamilienministerium?


6 comments

  1. Flexiblere Kinderbetreuung
    Guten Morgen!

    Als alleinerziehende Mama mit Grundschulkind gibt es schon länger eine Sorge, die ich mit mir rumschleppe:

    Momentan habe ich einen Job, der mir so einige Freiheiten bietet, unter anderem gut bezahlte Teilzeit. Aber was, wenn der Job mal wegfällt? Dann gerate ich in die Mühle, in der sich so viele alleinerziehende Mamas und Papas befinden: Wie bekomme ich eine Betreuung für normale Arbeitszeiten?
    Die Kita war da mit Öffnungszeiten von 7:00 bis 17:00 Uhr noch etwas arbeitnehmerfreundlicher. Aber die Kita ist irgendwann vorbei und Horte gibt es hier nicht mehr, weil es den Ganztag in allen Grundschulen gibt. Der öffnet aber erst um 7:30 Uhr und schließt um 16:00 Uhr – am Freitag sogar um 15:00 Uhr. Da muss ich nicht lange rechnen um zu wissen: Ohne Hilfe von anderen, könnte ich niemals einen Vollzeitjob annehmen!

    Natürlich bin ich kein Regelfall, das ist nach wie vor die Familie mit Vater und Mutter, aber ein Einzelfall bin ich auch nicht. Allein in der Klasse meines Sohnes sind mindestens drei Alleinerziehende, die teilweise auf eigene Geschwister oder Eltern zurückgreifen müssen, um ihrer Arbeit nachgehen zu können. Und dabei geht es eigentlich „nur“ um 1,5 Stunden am Tag, die in der Kita ja auch leistbar sind.

    Außerdem stelle ich mir die Frage, was ich mit meinem Kind mache, wenn es in die höhere Schule geht. Da gibt es keinen Ganztag und von einen 10-jährigen kann ich doch nicht erwarten, dass er sich selbst versorgt und all seine Pflichten (Hausaufgaben etc.) bewältigt, wenn er allein ist.

    Ich verstehe einfach nicht, dass hier nicht passieren kann, was in anderen Ländern seit Jahren bereits üblich ist. Und die kriegen es ja offenbar auch finanziert.

    Ich weiß, dass viele dieser Dinge auf städtischer bzw. Landesebene abgewickelt werden. Aber ich denke, der Bund kann da auch was tun. Dass gerade der Bereich Bildung nicht in die Zuständigkeit des Bundes fällt, das werde ich eh nie verstehen…

    Vielen herzlichen Dank für dieses Forum, in dem ich diesen Gedanken mal laut nachgehen konnte. Und vielleicht liest ja doch jemand mit, der was ändern kann. Man weiß ja nie!

    Schönen Tag wünsche ich noch!

    Viele Grüße
    Ramirez

  2. Ein paar Vorschläge an die Politik
    Vielleicht sind meine Vorschläge was zu pragmatisch, aber trotzdem: An erster Stelle sollte man Frauen eine familiengerechte und vor allem auch flexible Rückkehr in den Job nach der Babypause ermöglichen, das könnte so aussehen:

    – Recht auf Teilzeit (gibt es ja schon per Gesetz, in der Praxis sieht es anders aus, viele Unternehmen willigen nicht ein)

    – Recht auf einen Telearbeitsplatz/Heimarbeitsplatz, zumindest stundenweise

    – Recht auf mehr Ausfallzeiten in Krankheitsfällen und hier mehr Verständnis (vom Arbeitgeber)

    – Einrichtung einer übergeordneten Schlichtungsstelle bei Mobbing (z.B. Kündigung in Schwangerschaft, Verweigerung von Teilzeitarbeit…..)

    – gleiche Bezahlung für Frauen und Männer

    – Lohnausgleich bei 80% Teilzeit für Mann und Frau, wenn beide sich die Betreuung teilen

    – Unternehmen sollten sich verstärkt als familienfreundliches Unternehmen zertifizieren und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern (z.B. durch Audit „Familie und Beruf“)

    – Abschaffen des Ehegattensplittings und dadurch der steuerlichen Nachteile durch die Steuerklasse (die 5 haben meistens Frauen)

    – Verbesserung der Kinderbetreuung (vor allem qualitativ besseres Personal); gerade auch im U3-Bereich

    – geringere Kosten für die Kinderbetreuung (gerade U3)

    Mag idealistisch klingen, aber wir leben im Jahr 2014 und ich finde es total schade, wie viele hoch qualifizierte Mütter mit Studienabschluss etc. nicht mehr in den Job zurückfinden. Ich kenne einige, die dann letztendlich so lange Hausfrau und Vollzeitmama waren (meist wird es nach mehr als drei Jahren oder so komplett at home schwerer), dass sie den Wiedereinstieg nicht mehr so einfach hinbekommen.

    Frohes Schaffen,

    Bea

  3. Sinnvoll
    Ich finde die Idee von Frau Schwesig endlich mal eine sinnvolle Idee. Natürlich muß das alles vernünftig ausgearbeitet und kalkuliert werden, aber generell ist es meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung. Und die Einwände der Unternehmen, dass dann die Arbeit nicht geschafft wird sehe ich auch nicht. Natürlich wird es bei einem Fertigungsbetrieb, der in Schichten arbeitet, schwierig sein, Leute unterzubringen, die nur 4 Tage in der Woche arbeiten oder nach 6 anstatt nach 8 Stunden nach Hause gehen. Aber auch da gibt es bestimmt Lösungsmöglichkeiten. Im Büro sehe ich diese Problematik nicht, da es ja erwiesen ist, dass TZ-Kräfte effektiver arbeiten als VZ.
    Ich hoffe, dass hier ein vernünftiges Modell entwickelt wird, von dem wir alle profitieren.
    LG, Stephi

  4. Was die Zukunft so bringt
    Ich bin zwar froh für die klaren Worte von Frau Schwesig, bleib jedoch noch skeptisch. Eins ist klar, es braucht Zeit, aber was wir Frauen vor allem brauchen sind mehr Kinderfreundliche Unternehmen, die auch nach Elternzeit einen Arbeitsplatz, auch in TZ, bereit halten, denn sind nicht wir Frauen, die für die Zukunft Deutschlands sorgen und Kinder bekommen? Viel mehr kriegt frau einen drauf und wird ja fast „diskriminiert“ Auch wenn Frau jahrelang für den Betrieb gearbeitet hat, muss sie nach der Schwangerschaft und Elternzeit sich mit Bewerbungen rum schlagen und wird des Öfteren abgewiesen, weil sie ein Kind hat und somit keine zuverlässige Mitarbeiterin sein kann. Was soll der Quatsch!!!!!!! Dies ist eine kleine Geschichte von meiner Freundin, die verzweifelt Bewerbungen schreibt, Fortbildungen auf ihre Kosten macht, Probearbeiten macht und trotzdem abgewiesen wird! Es ist einfach nur traurig! Ein Wort zu Tintenteufel, mein Mann hat zwar keine Elternzeit genommen, weil es aus finanziellen Gründen für uns unmöglich wäre, trotzdem bin ich stolz auf meinen Mann, der auch nach einem harten Arbeitstag sich mit dem Kind beschäftigt, ihn ins Bett bringt und wenn es sein muss, abends noch das Geschirr wegspült, weil es für ihn selbstverständlich ist, sich in Erziehungs- und Hausarbeit zu beteiligen. Da gibt es keine Diskussionen oder Streit. Also solche Männer gibt es!
    Liebe Grüße

  5. Gutes Thema … das hoffentlich bleibt
    Ich finde es schön, dass das Thema endlich mal auf den Tisch kommt. Klar kann man nun drüber diskutieren, ob das jetzt ein Schnellschuss war und ob das Ministerium erst mal konkrete Details ausarbeiten sollte, bevor Frau Schwesig damit an die Öffentlichkeit geht. Aber es ist doch genau so, wie ihr es beschrieben habt – irgendwie zerreißt man sich ständig als Eltern. Und klar, in den 80ern war alles noch ganz anders, und noch viel früher mussten Frauen unter ganz anderen Umständen ihre Kinder durchbringen. Aber es hilft doch nicht, ständig nach hinten zu schauen, wir müssen doch Ideen und Visionen für die Zukunft entwickeln. Und da bin ich froh darüber, dass nun die Diskussion endlich mal angestoßen wurde. Ich wünsche mir nun, dass konkrete Fakten folgen, wie man das Ganze umsetzt. Das geht sicherlich nicht von heute auf morgen, aber ich hoffe, die Debatte versandet nicht einfach wieder. Liebe Grüße aus München!

  6. wie gerufen
    Frau Schwesig möchte die 32 Wochenstunde für Eltern einführen, ebenso auch das Elterngeld Plus bei der Eltern Teilzeit arbeiten und einen Anteil erstattet bekommen. Das hört sich für mich schon fast nach Luxus an. Wenn ich denke, meine Mutter damals in den 80er Jahren, hatte gerademal 60 Mark Kindergeld, Elterngeld oder sowas gab es gar nicht, Ausgleich für die Rente auch nicht. Das muss man sich auch vor Augen führen, immerhin ein bisschen hat sich schon getan. Was mir besonders an Frau Schwesigs Plänen gefällt ist, dass sie offentlichtlich tatsächlich wirklich dafür sorgen möchte, dass auch die Väter weniger arbeiten und somit Teile der Haus- und Kinderversorgungsarbeit übernehmen. Wo ich hinschau – wer bitte teilt diese Aufgaben mit seinem männlichen Partner? Und wieviele Männer gehen mehr als 2 Monate in Elternzeit? Wenn ich das mir dann wiederrum anschaue, dann denke ich das wir noch einen seeeeehr langen Weg vor uns haben. puh.