„Ach, die werden ja sooooo schnell groß“

„Ach, die werden ja soooo schnell groß.“

Was habe ich diesen Spruch gehasst, als meine Tochter noch klein war. Geht so, dachte ich. Ehrlich gesagt, zog sich das erste Jahr ganz schön. Klar, es ist voller toller Momente, aber ich war auch einsam zwischendurch.

Oft habe ich mir gewünscht, das Kind möge schneller groß werden. Endlich laufen, hab ich innerlich gefleht. Ich habe es gehasst, dass meine Tochter überall, wo ich sie absetzte, wegkrabbelte. Zu Hause oder bei Freunden ist das ja ok, aber in öffentlichen Ämtern, an der Straße – ich fand das eklig.

Oder: Werde doch endlich trocken, maulte ich innerlich. Keine Windeln mehr, kein Gestinke mehr in der Hose.

Oder: Schlaf doch endlich durch, stöhnte ich. Ich brauche auch mal wieder eine ganze Nacht Ruhe.

Und nun stand die Kita-Übernachtung an. Für die Großen aus der Gruppe – und meine Tochter gehörte dazu.

Zu den Großen? Mein kleines Mädchen, das so gerne singt und tanzt? Das besser puzzelt als ich, so tolle Drachen malen kann und leider an den Nägeln knabbert? Die gehört jetzt zu den Großen?

Ich packte also ihr Köfferchen und sprach ihr Mut zu. Als ich sie im Kindergarten ablieferte, hatte ich tatsächlich einen Kloß im Hals.

Scheisse, die werden ja echt schnell groß.

Bald ist es keine Übernachtung mehr in der Kita, sondern dann schläft sie bei ihrer besten Freundin. Von der sie sich sicher zu manchen Zeiten besser verstanden werden fühlt, als von mir.

Und noch ein bisschen später nimmt sie ihre Taschen, zieht in eine andere Stadt. Verliebt sich, wird leiden, wird einen über den Durst trinken und vielleicht am Joint ziehen. Sie wird Entscheidungen treffen, sich weiterbilden – erwachsen sein.

Huch, ich schüttel mich und schlucke den Kloß runter. Da kommt mein Mädchen noch mal angerannt. Ich gehe in die Hocke und nehme sie in den Arm. Drücke sie, rieche den Duft in ihren Haaren. „Bis morgen, Mama“, sagt sie und flitzt davon. „Ich hab dich lieb“, rufe ich noch. „Ich dich auch“, ruft sie und wirft ein Luftküsschen.

Ich atme aus. Ich hab noch Zeit, denke ich. Zum Glück.

Und wenn alles gut geht, kommt sie später immer wieder zu mir zurück.

Ihr ganzes Leben lang.

 PS: Diese Fotos hat die liebe Esther von Mompreneurs von uns gemacht….Wir hatten einen gemeinsamen Jobtermin und wie so oft war ein krankes Kind zu Hause 🙂


3 comments

  1. Die Zeit rennt….
    Ein wunderbarer Text!
    Meine Jungs sind jetzt schon 9 Jahre alt und sind bald in der 4. Klasse….dieser Gedanke fühlt sich so seltsam an…
    Ist doch noch gar nicht so lange her, dass ich sie im breiten Zwillingskinderwagen durch Berlin geschoben habe….
    Aber seit dem Umzug nach Bayern und der Einschulung rast die Zeit gefühlt….
    Wie mit hoher Geschwindigkeit…im Rückspiegel das was gerade noch war…

    Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander, sie erzählen mir wirklich sehr viel, aus der Schule, wie es ihnen geht…
    Ich wünsche mir, dass so bleibt….

    Fühl dich umarmt…

  2. Wie wahr….
    So ein schöner Text!Würden meine Kinder nicht schon schlafen, müßte ich sie jetzt direkt in die Arme nehmen und drücken….Von meiner Großen (19)muß ich mich wirklich gerade lösen.Abi fast fertig und dann geht es raus in die weite Welt!Aber zum Glück hab ich noch zwei kleinere zu Hause (7,11).Danke für diesen schönen Text, man sollte wirklich viel mehr den Moment genießen und nicht immer auf andere (leichtere)Zeiten warten!L.G. Manu

  3. So schnell groß
    Ja das werden sie. Meine sind zwischen 13 und 17 Jahre und die Zeit rennt. Bald wird unser Familienleben nicht mehr das sein was es mal war! Und das ist auch ganz schön hart! Aber bis dahin genieße ich es – mit allen Höhen und Tiefen! Viele Grüße, Ricarda