Wollen wir wissen, ob Du behindert bist? Dennis schreibt an sein ungeborenes Kind

Mein liebes Kind, es gibt Fragen, die kann man erst aufrichtig beantworten, wenn sie das eigene Leben betreffen.

Etwa diese: Was würdest du tun, wenn du in der Lotterie zehn Millionen Euro gewinnst? Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass deine Tochter ein Verbrechen begangen hat: Würdest du sie verraten? Und würdest du eingreifen, wenn ein Mann von einer Gang verprügelt wird?

Wir wussten, dass auch wir uns eines Tages mit einer derart weitreichenden Frage auseinandersetzen müssen, und doch schoben wir sie vor uns her wie die jährliche Steuererklärung. Nun steht diese Frage seit unserem Besuch bei der Frauenärztin aber unausweichlich im Raum. Wir müssen uns entscheiden. Die Frage lautet: Wollen wir wissen, ob du behindert bist?

Die moderne Medizin ermöglicht es, mit hoher Wahrscheinlichkeit herauszufinden, ob du anders bist als andere ungeborene Babys. Es ist so: Jede Zelle deines Körpers hat 46 Chromosomen. Ist ein Chromosom zu viel oder zu wenig, dessen Struktur oder einzelne Gene verändert, wirst du behindert zur Welt kommen. Dann könntest du an Trisomie (zu viel) oder an Monosomie (zu wenig) leiden, am Wolf-Hirschhorn-Syndrom (Veränderung der Struktur) oder einer RotGrün-Schwäche (Genveränderung).

Um festzustellen, ob mit deinen Chromosomen etwas nicht stimmt oder du einen offenen Rücken oder Infektionen hast, muss zwischen der 14. und 20.  Schwangerschaftswoche eine sogenannte Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt werden. Dabei wird eine Hohlnadel in die Fruchtblase eingebracht und Fruchtwasser entnommen. Diese Methode ist eine unschätzbare Errungenschaft der Forschung. Sie gibt uns Eltern die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob wir ein behindertes Kind großziehen wollen oder nicht  – oder uns zumindest besser darauf vorbereiten zu können.

Gleichzeitig ist sie nicht ungefährlich: Die Zahl der Fehlgeburten liegt nach einer solchen Untersuchung bis zu zwei Prozent höher als bei Frauen, die darauf verzichtet haben. Das Entscheidende aber ist: Eine Behinderung kann dabei zwar erkannt, aber nicht geheilt werden. Die Frage ist also nicht: »Wollen wir wissen, ob du behindert bist?«, sondern: »Würden wir dich abtreiben, wenn du behindert bist?«

Lautet die Antwort »Nein«, müssen wir das Risiko einer Untersuchung doch auch gar nicht erst eingehen. Natürlich habe ich Bilder im Kopf, wenn ich an dich denke: Wie du krabbeln und später laufen lernst, wie du deine Schultüte wie eine Trophäe vor dir herträgst und im Freibad vom Dreimeterbrett springst, Bilder eines normalen Lebens.

Dabei weiß ich sehr wohl, dass nicht immer alles normal läuft. Ich habe meinen Zivildienst in einer Schule für geistig behinderte Kinder absolviert und Kinder mit Down-Syndrom, Autismus oder einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung, kurz ADHS, betreut. Dort begegnete ich Sebastian, einem hübschen Jungen mit semmelblonden Haaren, der unter Autismus litt. Wobei ich gar nicht so genau weiß, ob er tatsächlich litt, denn Sebastian war ein fröhlicher Kerl, der in seiner eigenen Welt lebte – und von der man glauben konnte, dass sie friedlicher ist als unsere.

Jedenfalls lächelte Sebastian unentwegt. Wenn er sich freute, unterlegte er sein Lachen mit einem lauten, herausgepressten Stöhnen, seine Augen strahlten dann hinter den dicken Brillengläsern. Sprechen konnte er nicht, und auch eine besondere Begabung wie der von Dustin Hoffman gespielte Autist in Rain Man suchte man bei ihm vergeblich. Er ließ niemanden an sich heran, außer seine Schulbegleiterin. Sie war die Einzige, die sein Vertrauen genoss, nur sie durfte ihn berühren.

Wenn sich Sebastian aufregte, rannte er einfach weg und legte dabei ein derart hohes Tempo vor, dass man sich selbst sputen musste, um ihn wieder einzufangen. Ich mochte Sebastian vom ersten Moment an. Vielleicht weil er so natürlich war, weil doch jeder von uns am liebsten wegrennen würde, wenn große Wut oder Angst in einem aufsteigt. Vielleicht weil das Lachen eines Menschen, der aus unserer Sicht nicht glücklich sein kann, so viel wertvoller ist als das eines gesunden Menschen. Vielleicht aber auch, weil er mich anders ansah als die anderen, wie einen, dem er eine Chance geben will.

Glück, mein liebes Kind, ist manchmal auch, die Chance zu bekommen, einen besonderen Menschen kennenzulernen. Nach wenigen Wochen reagierte Sebastian auf meine Worte. Weitere Wochen später lachte er, wenn ich lachte oder alberne Grimassen zog. Nach zwei Monaten ließ er sich von mir im Gesicht streicheln und die Brille abnehmen. Und nach drei Monaten ließ er sich von mir wickeln, ohne dass seine Schulbegleiterin dabei war. Das Herz eines Menschen zu erobern ist ein wundervolles Gefühl. Sebastians Herz zu erobern war doppelt so groß, weil es Welten verband, die einander sonst nie begegnen.

Man darf das aber auch nicht kleinreden. Ein behindertes Kind kostet mehr Zeit, mehr Geld und ganz sicher sehr viel mehr Kraft. Jedes Kind stellt das Leben seiner Eltern anfangs auf den Kopf, doch ein behindertes Kind hört nie wieder damit auf. Das muss nicht schlecht sein, es ist nur anders – anders als »normal«. Würden wir dich töten, wenn du mit einem Jahr einen Unfall hast und querschnittsgelähmt bist? Würden wir dich abgeben, wenn du von einer Zecke gebissen wirst und dich eine Hirnhautentzündung zu einem Pflegefall macht? Würden wir nur eine Sekunde darüber nachdenken, dich zur Adoption freizugeben, wenn du an Kinderdemenz erkrankst und nur mit unserer Unterstützung weiterleben könntest?

Nein, nein, nein. Warum also sollten wir dich gar nicht erst bekommen, wenn mit dir etwas nicht in Ordnung ist? Wir wollen dich so, wie du bist. Wir wollen dich nicht nur lieb haben, weil du gesund bist und unseren Vorstellungen entsprichst, wir wollen dich lieb haben, weil du so geworden bist, wie es dein persönlicher Plan war, nicht unserer.

Ob mit einer Hakennase, mit O-Beinen oder eben einer Behinderung, schielend, lispelnd oder stotternd. Wir wollen nur, dass du glücklich wirst. Und ich kann dir sagen: Sebastian war sehr glücklich. Deine Mama sieht das zum Glück auch so. Deswegen haben wir die Frage schnell beantwortet. Wir lassen die Untersuchung weg – und freuen uns auf dich, wie auch immer du sein wirst. Denn ein besonderes Kind wirst du so oder so.

Dein Papa

—-Dieser Brief stammt aus dem Buch "MIT DIR WIRD ALLES ANDERS, BABY. Briefe eines werdenden Vaters an sein Kind" (Affiliate Link) von Dennis Betzholz. Wir verlosen zwei Exemplare dieses schönen Buches, kommentiert dazu einfach, was Ihr durch Eure Kinder gelernt habt. Das Los entscheidet dann. VIEL GLÜCK


24 comments

  1. Planung ist nicht alles
    Ich habe durch meine Kinder gelernt, dass die beste Planung nicht immer die besten Ergebnisse bringt, sondern die spontanen Ausflüge und Aktionen viel mehr und viel glücklichere Erinnerungen mit sich bringen. Glück und Zufriedenheit ist eben nicht planbar. Man muss einfach öfter mal spontan sein und auch einfach mal „verrückte“ Dinge tun, die so nie geplant waren.
    Solche Momente bleiben dann unvergesslich

  2. Kinder
    Ich habe durch meine Kinder gelernt, dass man auch mit jeder noch so schwierigen Situation zurecht kommen kann. Wir hatten schon einen dreijährigen Sohn, als in der zweiten Schwangerschaft festgestellt wurde, dass bei unserem ungeborenen Sohn eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte vorliegt. Es riss mir den Boden unter den Füßen weg. Aber ich musste stark sein, für unseren großen Sohn. Und wenn ich in seine strahlenden Augen guckte, waren die Sorgen vergessen. Und er hat sich die ganze Schwangerschaft auf seinen kleinen Bruder gefreut und als er dann auf die Welt kam, war er so verliebt und so liebevoll als großer Bruder.
    Ich freue mich jeden Tag zu sehen, wie sehr sie sich lieben und wie toll sie miteinander umgehen.

  3. Kinderaugen
    Kinder lehren einen täglich neues, das alles aufzuzählen würde zehn weitere Bücher füllen. Einer der Gründe weshalb ich mich vor 20 Jahren dazu entschieden habe Erzieherin zu werden. Mit Kindern zu arbeiten ist ein Geschenk. Man wird nie alt, lernt nie aus und wird vor allem nie „erwachsen“. Die Welt mit Kinderaugen zu sehen ist wundervoll. Die sehen so viel mehr als wir. Dinge die wir im Alltag als Erwachsener völlig vergessen oder übersehen. Die Formen der Wolken. Das Glitzern der Regentropfen auf den Blättern. Die Schmetterlinge und Käfer überall. Die Wärme der Sonnenstrahlen. Und so viel mehr. Die Kinder dabei zu begleiten, die anzuleiten und zu bestärken in ihrem Tun. Für mich ist das das schönste was es gibt.

  4. In so einer Situation???
    Ich finde den Text auch sehr schön – und bis vor 14 Jahren hätte ich ihn genauso geschrieben. Ich habe auch keine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen, keine Nackenfalte messen oder 3-D-Ultraschall machen lassen … Ich wollte nicht einmal das Geschlecht wissen, weil ich mein Kind so haben und annehmen wollte, wie es Gott mir gibt.
    Mit Arroganz habe ich die Mütter belächelt, die zum „Babyfernsehen“ gingen und meinten, eine Garantie auf ein gesundes Kind haben zu können … *pöh*

    Und dann kam der Moment im Januar 2006, ich hatte gerade erfahren dass ich schwanger bin, da rief mich die Praxis an, dass meine Blutprobe auffällig sei und ich müsse sofort in die Praxis kommen. Was war passiert: Silvester haben wir mit einer Familie verbracht, dessen Kind kurz darauf die Windpocken hatte – ich unwissend, dass ich schwanger war, hatte mich angesteckt.
    Da saß ich da mit der Aussage, dass mein Kind vermutlich schwerbehindert, evtl. nicht lebensfähig sein würde – und ich hatte ja bereits ein höchst lebendiges einjähriges Kind, dass mich brauchte. Das war realer, existent – nicht wie der noch unbekannte „Zellhaufen“ in meinem Bauch, der noch gar nicht da war, von dem ich gerade mal seit wenigen Tagen usste, dass es ihn gibt.

    „Abtreibung kommt nie in Frage“ – war immer mein Motto. und nun saß ich da und genau das war mein erster Gedanke: „Abtreibung“ und ich heulte Rotz und Wasser und weg war meine Überheblichkeit und Arroganz, weg mein moralisches Überlegenheitsgefühl.

    Ich – nein wir (meinen Mann, meine Eltern, Schwiegereltern, Bruder Schwägerin – unsere Familie betraf die Frage ja genauso, den einen mehr, den anderen weniger, aber niemand blieb davon unberührt) haben sehr mit uns gerungen, mit Gott und der Welt gehadert …

    wir haben nicht abgetrieben, aber jede Untesuchung genutzt, die uns geholfen hat, uns auf die Situation einzustellen, Vorsorgemaßnahmen für die Geburt zu treffen und unserem zweiten Kind einen guten Start in die Welt zu verschaffen.

    Was mich dieses Kind gelehr hat?

    Niemals über Leute zu urteilen oder ihre Entscheidungen zu hinterfragen oder gar kritsch zu verurteilen, weil man wirklich nie weiß, wozu man selbst fähig ist.

    Meinen Glauben und mein Vertrauen in Gottes Liebe zu legen und mich wirklich darauf einzulassen, dass er mich, uns, alle trägt …
    Denn prinzipiell stimmt es ja, was der Autor schreibt, aber es ist in so einer Situation – und der Autor befindet sich definitiv nicht in einer solchen – unglaublich schwer, das anzunehmen und darauf zu vertrauen. Es schafft nicht jeder und am Ende muss man selbst mit den Konsequenzen leben!

    Barmherzig zu sein mit mir und anderen.

    Der Text ist trotzdem schön und es waren genau diese Gedanken, dass ich mein Kind ja auch nicht töten würde, wenn es später durch Unfall oder Krankheit dauerhaft geschädigt würde, die mich dazu gebracht haben, mich für das Kind zu entscheiden.

    Inzwischen bin ich auch hier erfahrener, nachdem eine Kollegin, ihr 9jähriges Kind nach einem tragischen Sturz hat gehen lassen müssen und die Entscheidung treffen musste, bewusst die Maschienen abstellen zu lassen.
    Letztlich ist eine Entscheidung für oder gegen das Leben nie leicht!

    LG – irgendwie sehr berührt und betroffen von dem Text.

  5. kommentar
    Wie wunderbar,diese Worte von einem Papa zu lesen!( Oft bleibt die Mama mit einem behinderten Kind irgendwann allein zurück,weil die Papas mit der Dauersorge überfordert sind…)Für mich wär dann auch noch relevant,daß es immer im Leben Herausforderungen geben wird,die so stark sind,daß wir sie nur mit Gottes Hilfe bewältigen können- so auch die Sorge für ein Kind mit “ Mehrbedarf“.Und wenn man dieses Geschenk annimmt und “ auspackt“,wird man wunderbare Segensüberraschungen finden !

  6. Von meinen Kindern gelernt
    Ich habe 3 Kinder, der Mittlere hat das Down Syndrom. Ich kann dem Schreiber nur aus vollem Herzen zustimmen. Bei der Liebe zum Kind ist es egal, ob es behindert ist oder nicht. Wenn man sich darauf einlässt, wird man es immer lieben und alles dafür tun, dass es ihm gut geht. Ich habe besonders durch meinen Sohn gelernt, viel besser auf mein Bauchgefühl zu hören, in allem die positive Seite zu sehen, wie kostbar und zerbrechlich Gesundheit ist und wie bedingungslos Liebe sein kann.

  7. Harmony Test
    Vor genau dieser Untersuchungstabden wir vorein paar Wochen. Esgraut es einen wenn man nur aus einem Winkel darauf schaut. Wir haben uns nach einer tollen Tochter und dann nach drei Fehlgeburten für den harmony test entschieden. Unser prenatal Diagnostiker hat das gut erklärt. Bei diesem Bluttest geht es nicht darum sich für oder gegen ein Kind zu entscheiden- es geht darum sich für das beste Krankenhaus für eine Geburt mit besonderen Anforderungen zu entscheiden. Dort wo deinem besonderen Kind gleich geholfen werden kann, damit sein Start ins Leben so leicht wird wie möglich. Nach langjähriger Arbeit in als Gruppenleiterin in einer Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung, kann man nie wissen welches Geschenk einem erwartet und wie und wo sein Weg hingehen wird. Also rate ich-wechselt euren Blickwinkel. 😉

  8. Kinder
    Durch meine Kinder habe ich gelernt, dass mich auch kleine und ganz banale Sachen und Taten absolut begeistern können. Es ist toll, sich über Fortschritte zu freuen, die andere überhaupt nicht wahrnehmen.

  9. Durch meine Kinder habe ich
    Durch meine Kinder habe ich gelernt, wie unglaublich viel Liebe ein Durchschnittsherz für mehrere Personen empfinden kann und das Liebe sich nie aufteilt, sondern einfach wächst. Ich habe gelernt, wie schön der Sonnenaufgang zu allen Jahreszeiten ist, wenn man schon Stunden davor wach war. Ich kann in allen Situationen und Positionen einschlafen. Ich habe durch das eintauchen in ihre Welt einfach so viel gelernt und erlebt, habe so viele tolle neue Menschen kennen gelernt. Kinder sind einfach eine Bereicherung. Kinder machen aus 2 Menschen eine Familie und egal, mit wie vielen Extras sie zur Welt kommen, sie bereichern unser Leben und zeigen uns, wie wir bessere Menschen werden können.

    Den Brief von Dennis finde ich wunderschön und ich hoffe, dass die Familie, egal, was am Ende passiert, glücklich ist und von ihrer Umwelt bedingungslos angenommen und unterstützt wird. Das ist nämlich leider oft der schwierigste Teil.

  10. Danke
    Danke für diesen wunderschönen Text. Er spricht mir aus der Seele. Durch meine Kinder habe ich gelernt, dass das Leben immer eine unbekannte Reise bleibt. Egal wie gut wir vermeintlich planen. Und dass Glück eine neue Dimension hat.

  11. Wenn es nur so einfach wäre…
    Ich kann diesen Beitrag nicht unkommentiert lassen. Ich habe mein drittes Baby in der 34. Woche gehen lassen (hier mehr dazu: https://www.stadtlandmama.seotechlove.de/content/gastbeitrag-zum-thema-spätabbruch-wir-mussten-unser-baby-der-34-ssw-gehen-lassen ) und empfinde die Gedanken des Autors als undurchdacht und teilweise auch sehr anmaßend.

    Seine Einleitung man könne nur entscheiden, wenn man wirklich in der Situation ist, passt in meinen Augen nicht zu seiner Situation in einer offenbar unproblematischen Schwangerschaft. Natürlich kann er sich da für oder gegen weiterführende Diagnostik entscheiden, aber die Frage bzgl. eines Schwangerschaftsabbruches ist halt nur graue Theorie, wenn alles gut ist (oder scheint). Sobald es größere Auffälligkeiten gibt, die auch einfach beim Ultraschall entdeckt werden können, sieht die Welt plötzlich anderes aus. Da will man dann doch wissen, was auf einen zukommt und vielleicht auch, ob man das ertragen kann.

    Es gibt leider deutlich schlimmere Szenarien als ein besonderes, glückliches Kind, das etwas mehr Betreuungsaufwand bedeutet, wie es hier im Text beschrieben ist. Was ist, wenn das Kind sein Leben lang nur Krämpfe und Schmerzen haben wird? Wenn es nichts sieht und hört und völlig bewegungsunfähig ist? Wenn zahlreiche OPs notwendig sind um überhaupt ein paar Monate oder gar Jahre zu schaffen an Kabeln und Schläuchen zu schaffen? Reicht Liebe allein um das alles auszuhalten – für die Eltern und das Baby?

    Am meisten trifft mich aber diese Textstelle: „Wir wollen dich nicht nur lieb haben, weil du gesund bist und unseren Vorstellungen entsprichst, wir wollen dich lieb haben, weil du so geworden bist, wie es dein persönlicher Plan war, nicht unserer.“ Wie anmaßend indirekt zu behaupten, Eltern, die eine Schwangerschaft aufgrund einer Behinderung abbrechen, lieben das Baby einfach nicht, weil es behindert ist. Und noch anmaßender ist die in der Textstelle enthaltene Behauptung eine Behinderung wäre der „persönliche Plan“ des Kindes. Was hat sich mein Kind wohl dabei gedacht als es seine Leidensgeschichte geplant hat? Können die Kinder die Symptome aus einer Liste auswählen? Oder wie darf man sich das mit dem persönlichen Plan vorstellen? So ein Blödsinn!

    1. Danke,
      Danke Katharina, ich kann deinen Kommentar nachvollziehen, auch wenn ich noch nie in einer Situation, wie du war. Zur Verteidigung des Autors kann man sich vielleicht sagen, er trägt eben die rosarote Brille eines werdenden Vaters – wie schön. Es würde mich aber interessieren, ob es möglich ist einen solchen Brief zu schreiben, nachdem man 10,20 oder 30 Jahre lang ein schwerbehindertes Kind gepflegt hat… Und ich meine nicht mit Downsyndrom…. Der Text ist in dieser Hinsicht wenig selbstkritisch. Stammt halt von einem schwer verliebten Vater. Alles Gute übrigens für die weitere Schwangerschaft, Geburt und alles danach.

      1. Danke
        Danke für den Zuspruch und ja… Eine rosarote Brille trifft es wahrscheinlich ganz gut.
        Vielen lieben Dank auch für die guten Wünsche. Mein Gastbeitrag ist schon eine Weile her und unser viertes Kind ist schon 14 Monate alt und glücklicherweise gesund und munter.

    2. Danke
      Danke für deine Worte. Ich stimme Dir zu, dass das im wahren Leben nun mal nicht so leicht und unkompliziert ist. Das sind individuelle Lebensgeschichten, die nicht in „einen Topf geworfen“ werden können.

  12. Berührender Brief
    Wow, das muss ich echt lesen. So toll geschrieben!
    Ich habe durch meine Kinder gelernt, die kleinen Momente noch mehr zu genießen. Gerade sitze ich am Sofa und schau ihm beim krabbeln zu, obwohl die Waschmaschine wartet und dir Küche ruft.

  13. Durch mein Kind und auch
    Durch mein Kind und auch meinen Beruf schätze ich Gesundheit sehr viel höher ein. Ja, die Fenster sind schmutzig, der Staub liegt rum, die Wäsche hängt seit Tagen trocken auf der Leine…. Aber wir sind gesund und können zu dritt ein schönes Wochenende genießen und tun und lassen worauf wir Lust haben.

  14. Vorsorgeuntersuchungen
    Mir fehlt hier leider die klare Aussage, daß alle Vorsorgeuntersuchen, die man heutzutage machen kann, man immer noch nicht sagen, daß das Kind wirklich gesund auf die Welt kommt.

  15. Liebe Geborgenheit Dankbarkeit
    Durch meine Kinder und meinen Beruf (Tagesmutter) habe ich die Zeit schätzen gelernt..
    Es vergeht alles so schnell , also nehme ich mir auch gerne mal die Zeit wenn die Kids danach verlangen..hör zu denn du wirst viel lernen..Kinder machen keine Unterschiede zwischen schwarz und weiß behindert oder nicht und das ist das größte Geschenk an uns erwachsene!!

  16. Wunderschön geschrieben, der
    Wunderschön geschrieben, der Text hat mich sehr berührt. Ich habe beruflich von Zeit zu Zeit mit Menschen zu tun, die nicht ganz „normgerecht“ geboren wurden und stelle oft fest, dass wir, die scheinbar „Normalen“, meist mehr von Ihnen lernen können als diese von uns

  17. Nichts aufschieben!
    Durch meine Kinder habe ich gelernt, die schönen Dinge nicht immer aufzuschieben. Manchmal muss man auch an einem ganz normalen Wochentag Crêpes backen und einen Film schauen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen funktioniert nur, wenn es unmittelbar zusammenhängt und aufeinander folgt, z.B. das Wohnzimmer aufräumen um den Film genießen zu können.

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