Alleinerziehende Elke: Ich ging putzen und kellnern, um über die Runden zu kommen

Liebe Elke, Du bist alleinerziehend. Erzähl mal seit wann und warum die Beziehung nicht gehalten hat. 

Ich habe mich 2010 nach zehn Jahren Beziehung getrennt, unser gemeinsamer Sohn war damals drei Jahre alt. Ich war damals Ende 20 und merkte, dass wir nur noch nebeneinanderher lebten. Ich hatte keine Gefühle mehr für ihn, die über Freundschaft hinausgingen. Die Trennung war nicht leicht, denn es war ja nichts Schlimmes vorgefallen und mein Ex ein wirklich netter Kerl. Deshalb hat die Trennungsphase ein halbes Jahr gedauert – und auch, weil ich ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Kind hatte, dass ich die heile Familie zuerstöre. 

Tja, mit der Trennung wurde dann alles anders. Ich hatte keinen Job und als alleinerziehende, arbeitslose Mutter eine Wohnung zu finden, war fast fast unmöglich. Nur über Beziehungen fand ich eine kleine Wohnung. Ich musste Hartz 4 beantragen und fühlte mich wie der Abschaum der Gesellschaft. Ich besaß praktisch nichts, aber ich wollte es schaffen. Ich erinnere mich, dass es war seltsam war, die erste Nacht in der Wohnung zu schlafen, aber ich war auch zufrieden und erleichtert. 

Wie ist heute der Kontakt zum leiblichen Vater Deines Sohnes?

In den ersten zwei Jahren hatte ich ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Ex-Mann. Er unterstützte mich und nahm unseren Sohn so oft wie möglich. Das änderte sich, als er eine neue Frau kennen lernte. Ich erkannte ihn kaum wieder. Plötzlich schimpfte er, dass ich meinen Sohn nicht genügend fördern würde – dass mir für besondere Förderung schlicht das Geld fehlt, interessierte ihn nicht. Zudem beschimpfte er mich auch vor unserem Kind – was er genau sagte, möchte ich nicht sagen – aber es tat mir so unendlich leid für mein Kind, dass es das mitbekommen musste. Mittlerweile reden wir nicht mehr miteinander. 

Viele Alleinerziehende stehen finanziell schlecht da. Wie war das bei Dir?

Meine finanzielle Situation war natürlich ein Desaster. An manchen Tagen wusste ich wirklich nicht mehr weiter. Wenn etwas kaputt ging, konnte ich nächtelang nicht schlafen, weil ich nicht wusste, wie ich die Reperatur bezahlen sollte. Mein Ex hat den Mindestsatz an Unterhalt gezahlt. 

Zum Glück fand ich einen Job in der 40 Kilometer entfernten Großstadt und fing an, 30 Stunden die Woche zu arbeiten. Dadurch bekam ich keine staatliche Unterstützung mehr – das Ergebnis: Ich hatte weniger Geld als vorher und täglich zwei Stunden Pendelverkehr. Anfangs lief das eigentlich noch recht gut, weil meine Mutter oft den Kleinen von der Kita abgeholt hat und sich um ihn gekümmert hat. 

Doch dann bemerkte ich, dass mein Sohn mit der ganzen Situation nicht zurecht kam. Es war ja auch viel: Die Trennung, der Umzug, Mama ständig weg, Papa nicht da. Mein kleiner Sohn fing wieder an ins Bett und in die Hose zu machen. Nachts schrie er oft nach mir. Abends vor dem einschlafen fragte er, wann denn Papa zu uns zieht. Das tat mir unheimlich weh und so beschloss ich, meinen Job wieder an den Nagel zu hängen, um mehr Zeit mit meinem Sohn zu haben.

Ich hatte generell immer zu wenig Geld. Ich war nie mit meinem Sohn im Urlaub oder in Vergnügungsparks. Für einen Kinobesuch habe ich monatelang gespart. Im Supermarkt habe ich immer nur Angebote gekauft und Kleidung bekam ich oft von Freunden. 

Irgendwann hatte mein Sohn mal Besuch von einem Kita Freund. Als er unsere kleine Wohnung betrat und das kleine Zimmer meines Sohnes sah sagte er: “ Ich glaube Deine Mutter ist arm, oder? So ein kleines Kinderzimmer habe ich ja noch nie gesehen“  Diese Aussage tat mir sehr weh in meinem Mutterherz und ich werde diese Situation nie vergessen.

Um über die Runden zu kommen, bist Du dann putzen gegangen und hast in einer Bar gearbeitet…

Genau, ich hörte, dass eine Familie eine Putzfee sucht und zwar dreimal die Woche am Vormittag. Ich brauchte ein bisschen, um dort anzurufen, denn irgendwie schämte ich mich. Aber ich brauchte das Geld. Ich bekam den Job und fing sofort an. Die Familie war sehr lieb zu mir und ich bin ihr bis heute sehr dankbar. Die Arbeit war zwar anstrengend, aber entlastete mich finaniell sehr. Und ich war am Mittag zu Hause und konnte mich um mein Kind kümmern.

Dann sprach mich der Wirt unserer Dorfkneipe an, ob ich nicht Lust hätte zu kellnern. Uns so kellnerte ich jedes zweite Wochenende, wenn mein Sohn beim Vater war, Freitags und Samstags von 19 Uhr bis 3 Uhr morgens. Das war auch ganz schön kräftezehrend, aber der Verdienst und das Trinkgeld motivierten mich sehr. Endlich konnten wir uns wieder mehr leisten.

Wie sieht Deine Job Situation heute aus?

Bis 2015 habe ich geputzt und gekellnert, dann fand ich einen Job in einem mittelgroßen Unternehmen, in dem ich recht flexibel arbeiten kann. Der Job ist zwar nicht so gut bezahlt, aber er macht mir Spaß. 

Gibt es etwas, was Ihr Euch schon lange wünscht, was aber finanziell nicht drin ist?

Leider war ich bis heute noch nie mit meinem Sohn im Urlaub. Das wäre mein größter Wunsch. Das war bisher auch mit dem neuen Job nicht möglich, weil ich noch heute Schulden abzahle. Zwischenzeitlich musste ich mir ein neues Auto kaufen und so kam eins zum anderen.

Du warst dann nochmal schwanger, hast dich aber gegen das Kind entschieden. Kannst du uns mehr darüber erzählen?

Nachdem ich sechs Jahre Single war, habe ich 2016 meinen jetzigen Mann kennen gelernt. Er ist das Beste, was mir passieren konnte und hat auch einen Sohn mit in die Ehe gebracht, der nur zwei Jahre jünger ist als meiner. Die beiden Jungs sind mittlerweile wie „echte“ Geschwister. Durch meinen Mann konnte ich mir nochmal eine Weiterbildung leisten – und gerade, als ich diese anfangen wollte, wurde ich schwanger. Unsere Familienplanung war eigentlich abgeschlossen, ich war schon Ende 30 und mein großer Sohn 12. Ich wollte nicht nochmal von vorne anfangen. Ehrlich gesagt haben wir dann einfach sehr egoistisch entschieden, dass wir dieses Kind nicht bekommen werden. Das ist nun 1,5 Jahre her. Wir reden noch oft über dieses Kind, es tut uns auch beiden leid – und doch glaube ich, dass es die richtige Entscheidung war. 

Was wünscht Du Dir für Eure Zukunft?

Ich wünsche mir für unsere Zukunft gar nicht viel. Außer, dass alles so bleibt wie es ist. Denn bis hierhin war es ein langer und verdammt harter Weg. Ich bin dankbar, dass ich nochmal so viel Glück erleben darf. Und ich würde mir wünschen, dass die Gesellschaft nicht so schnell über alleinerziehende Mütter urteilt, wenn sie Hartz 4 bekommen oder keinen tollen Job haben. Hinter jeder Alleinerziehenden steckt eine lange Geschichte. 


2 comments

  1. Meine Eltern haben sich nie
    Meine Eltern haben sich nie gut vertragen und scheiden lassen als ich ca 6 Jahre alt war. Sie haben sich viel gestritten und uns auch zwischen sich gestellt. Meiner Mutter ( war vorher schon, durch die ganze psychische Belastung dann halt noch mehr) ging es gesundheitlich nie gut, Depressionen, Bandscheiben Vorfälle…. sie ist Beamtin aber wir hatten trotzdem immer zu wenig Geld, obwohl sie fast Vollzeit gearbeitet hat. Mein Vater war selbstständig udn hatte auch immer Stunden wenig Geld. Mein Vater hat Wien neue Frau kennen gelernt, wir mussten immer wöchentlich sogar die Stadt ! Wechseln damit wir bei beiden wohnen. Mit 10 bzw 12 Jahren entscheiden meine Schwester und ich das wir nur bei meiner Mutter wohnen möchten. Ich war viel allein udn habe sehr den Stress meiner Eltern mit erlebt. Und musste für meine Mutter oft als seelische Stütze und Zuhörer her halten. Wir hatten nxiht viel Geld, bis ich volljährig war und mir mein Vater direkt meinen unterhalte gezahlt hat, dann hat er mehr gezahlt als er musste. Für mich war aber definitiv weniger schlimm das wir wenig Geld hatten, als vielmehr das meine Eltern so wenig da waren, immer gestresst, immer dem anderen schuld in die Schuhe schieben etc. Also mehr das emotionale und verbale war für mich schlimm. Vielleicht hilft dir das weiter, weniger das Geld zählt oder die tollen Schuhe als mehr das man gerne und gute Zeit miteinander verbringt und sich wertgeschätzt fühlt und nxiht nur als Ballast …..

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