„Millionen Kinder erleben Gewalt, Armut, und Missbrauch“ – Interview mit der Kindernothilfe

—-Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit P&G

Heute ist internationaler Kindertag! Wer seine Kinder heute also noch nicht ausgiebig geknutscht und gedrückt hat, sollte das jetzt tun 🙂

Heute ist auch ein Tag, an dem wir dankbar sein können. Dafür wie wir hier leben und dafür, dass unsere Kinder keinen Krieg, keine Vertreibung und keinen Hunger erleben müssen. 

Vielen, vielen, vielen Kindern auf der Welt geht es nicht so gut. Laut Studien sind weltweit über 28 Millionen Kinder auf der Flucht. Dreieinhalb Millionen Kinder unter fünf Jahren sterben jedes Jahr an den Folgen des Hungers. 215 Millionen Kinder müssen jeden Tag arbeiten, um sich selbst und ihre Familien zu ernähren. 10,5 Millionen Kinder arbeiten als Hausangestellte, oftmals unter sklavenähnlichen Bedingungen. 6,5 Millionen dieser Kinderarbeiter sind unter 15 Jahren alt, mehr als 71 Prozent von ihnen Mädchen. Etwa 1,8 Millionen Kinder werden gezwungen, sich zu prostituieren oder sich für pornografische Zwecke missbrauchen zu lassen. In Indien verschwinden jedes Jahr 100.000 Kinder, viele enden als Sklaven in Bordellen, Steinbrüchen oder als Bettler. In Deutschland leben rund 2,55 Millionen Mädchen und Jungen in Deutschland in Familien mit so wenig Geld, dass sie als arm oder armutsgefährdet gelten.

Diese Liste könnte man fast endlos weiterführen. Glücklicherweise gibt es Menschen und Organisationen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, diesen Kindern zu helfen. Die Kindernothilfe kümmert sich unter anderem um Straßenkinder in Bangladesch. Dort leben aktuell 600.000 Kinder auf der Straße, es fehlt ihnen an Kleidung, warmen Mahlzeiten und sie können nicht oder nicht regelmäßig zur Schule gehen. Deshalb bauen Procter & Gamble und REWE dort gemeinsam mit der Kindernothilfe ein Kinderschutzhaus. Wir haben mit Susanne Kehr von der Kindernothilfe gesprochen: 

Wenn sie drei Orte nennen müssten, wo Kinder gerade unglaublich dringend Hilfe brauchen  – welche wären das? 

Eine schwierige Frage angesichts der aktuellen Situation weltweit für Millionen von Kindern, die Gewalt, extremer  Armut oder Missbrauch ausgesetzt sind… 

Ganz akut würde ich Ostafrika nennen, wo die schlimmste Dürrekatastrophe seit Jahrzehnten herrscht. Bis zu 20 Millionen Menschen in Somalia, Äthiopien, Kenia, dem Südsudan und Uganda hungern nach Angaben der Vereinten Nationen. Mehr als 360.000 Kinder sind vom Hungertod bedroht. Damit erlebt die Welt gerade die größte humanitäre Katastrophe seit 1945. 

Und natürlich ist die Situation für Kinder in Syrien katastrophal und für syrische Kinder, die alleine oder mit ihren Familien aus dem von Krieg, Zerstörung, Gewalt beherrschten Land geflohen sind…

Und als drittes würde ich die Situation von Kindern in den städtischen Armutsvierteln der Welt nennen. Die Hoffnung auf ein besseres Leben zieht immer mehr Familien und Kinder vom Land in sogenannte Megacitys. Der Traum vom Himmel auf Erden verwandelt sich für viele Kinder jedoch schnell in den Vorhof zur Hölle: in den wachsenden Slums schlagen sich viele Kinder allein auf der Straße durch, versuchen auf Müllkippen Essbares zu finden, werden in Bordelle gezwungen. Mit der aktuellen Kampagne der Kindernothilfe „Das Leben in der Stadt ist kein Kinderspiel“ wollen wir auf diesen Zustand aufmerksam machen und arbeiten gleichzeitig in unseren Projekten vor Ort an einer Verbesserung der Situation. Eines dieser Projekte ist auch das Projekt „Stück zum Glück“ mit unseren Partnern P&G und REWE für Straßenkinder in Bangladesch….

Können Sie uns zwei Projekte nennen, die Ihnen sehr am Herzen liegen und wo die Kindernothilfe enorme Verbesserungen gebracht hat?

Neben Stück zum Glück sind das die folgenden beiden Projekte: Ganz besonders am Herzen liegt mir ein Projekt in Haiti, wo die Kindernothilfe mit Unterstützung eines starken Partners einen großen Schulkomplex in einem Armenviertel der Hauptstadt Port-au-Prince wiederaufgebaut hat, der 2010 durch das schlimme Erdbeben zerstört worden war. Ich habe das Projekt von Anfang an sehr eng begleitet und war einige Male vor Ort. Mit eigenen Augen zu sehen, welche enorme Verbesserung diese Schule für das Leben von 1.500 Kindern bedeutet, mit den Mädchen und Jungen vor Ort zu sprechen und ihre große Freude über die neue, schöne Schule zu erleben – das sind für mich ganz wertvolle Erfahrungen. 

Ein anderes Projekt, das mir sehr am Herzen liegt, ist ein Projekt für Kinder und ihre Mütter in den Slums von Kalkutta, wo die Kindernothilfe gemeinsam mit Partnern eine Gesundheitsversorgung für die Mädchen und Jungen ermöglicht und die Mütter mit dem Ansatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ unterstützt. Als ich das Projekt besucht habe, war ich erschüttert über die unfassbar schlimmen Bedingungen, unter denen die Menschen in den Slums leben müssen, aber ich konnte auch sehen, welche lebenswichtige Bedeutung die Projektarbeit für die Kinder und ihre Mütter hat.

Wie kann ich Kindern am effektivsten helfen? Was kann jeder direkt hier im Alltag tun um die Situation von Kindern zu verbessern?

Nicht wegschauen, nicht die Augen verschließen vor Unrecht, das Kindern angetan wird, und davor, dass vielen Mädchen und Jungen elementare Entwicklungs- und Bildungsmöglichkeiten vorenthalten werden. Und dieses „Nicht-Wegschauen“ gilt im näheren Umfeld, also in Deutschland, aber auch für den Blick „über den Tellerrand“  hinaus, also zu sehen, sich zu informieren, wie es Kindern in anderen Weltregionen geht, also z.B. aktuell in Syrien, in Bangladesch oder den von der Dürrekatastrophe betroffenen Ländern Ostafrikas. Und dann auch in dem Rahmen, der einem persönlich möglich ist, etwas zu tun, sich z.B. ehrenamtlich in einem Arbeitskreis der Kindernothilfe zu engagieren, oder ein konkretes Projekt für Kinder in schwierigen Lebenslagen finanziell zu unterstützten. Auch wenn der einzelne Beitrag vielleicht nur „klein“ sein kann: Hier gilt ein afrikanisches Sprichwort: „Wenn viele kleine Menschen an vielen Orten viele kleine Schritte tuen, können sie das Gesicht der Welt verändern.“

Wieviel Prozent der Spende kommt bei den Kindern wirklich an?

Von jedem gespendeten Euro kommen 83,9 Cent den Kindern bzw. Projekten zugute. Die weiteren 16,1 Prozent benötigen wir, um unsere Werbung- und Verwaltungsausgaben zu decken. Für den transparenten Umgang mit Spendeneinnahmen trägt die Kindernothilfe das Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen, zudem wurden wir 2016 im Transparenz-Test von Phineo mit Platz 1 ausgezeichnet. Rechenschaft über Zahlen und Fakten unserer Arbeit als Spendenorganisation legen wir auch jeweils in unserem aktuellen Jahresbericht ab.

Engagiert sich die Kindernothilfe eigentlich auch in Deutschland?

Die Kindernothilfe ist eine Organisation der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe, d.h. Ziel unserer Projektarbeit ist es, die Lebensbedingungen von Kindern und ihren Familien in Entwicklungsländern nachhaltig zu bessern. Gleichzeitig versteht sich die Kindernothilfe auch als Anwalt der Kinder, d.h. wir wollen dazu beitragen, dass Kinderrechte weltweit verwirklicht und langfristig gewahrt werden.

Deshalb versuchen wir in Deutschland durch Kampagnen, öffentlichkeitswirksame Aktionen, kontinuierliche Pressearbeit und den Austausch mit Politikern auf die Situation von Kindern in Entwicklungsländern aufmerksam zu machen. Und so auch Einfluss zu nehmen auf politische Konzepte und Gesetzgebungen und die Finanzierung entwicklungspolitischer Vorhaben. So müssen etwa faire Handelsbedingungen geschaffen werden, um (Kinder)Armut zu reduzieren. 

Mit „Stück zum Glück“ sollen Straßenkinder in Bangladesch unterstützt werden – wie ist die Situation der Kinder derzeit dort?

Bangladesch gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, und vor allem die Kinder des Landes leiden große Not. Rund 600.000 Kinder leben auf der Straße. Viele wurden von ihren Eltern verlassen oder sind von zuhause geflohen, um Armut und deren Folgen wie Gewalt und Missbrauch zu entkommen. Auf sich allein gestellt leben viele der Kinder in den großen Städten wie Dhaka, wo ihnen noch größeres Elend droht. Sie verdienen Geld als Lastenträger, sammeln Müll oder versuchen, ihr Überleben durch Diebstahl, Betteln oder Drogenverkauf zu sichern und sind dabei Gefahren wie Kinderhandel und Prostitution schutzlos ausgeliefert. Genug zu essen haben die wenigsten, viele der Straßenkinder sind mangelernährt und krank.

Das geplante Kinderschutzhaus ist nur für Jungen – was wird für die Mädchen getan?

Straßenjungen wie -mädchen benötigen Unterstützung. Allerdings haben wir in Bangladesch die Situation, dass mehr Jungen als Mädchen auf der Straße leben und der Bedarf noch dringlicher ist. Wir dürfen auch nicht die sozialen und kulturellen Gegebenheiten vor Ort übergehen, dass Mädchen und Jungen nicht gemeinsam untergebracht werden können. Ein Schutzhaus für Mädchen hat die Kindernothilfe aber ebenfalls zu einem etwas späteren Zeitpunkt vorgesehen.

Seit wann gibt es die Kindernothilfe und in wie vielen Ländern engagiert sie sich?

Seit 1959 unterstützt die Kindernothilfe weltweit Kinder in Not und setzt sich für ihre Rechte ein. Aktuell stärkt, schützt und beteiligt die Kindernothilfe fast zwei Millionen Mädchen und Jungen in 31 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Ausführliche Informationen zu den Ländern und Projekten findet man auf unserer Website www.Kindernothilfe.de

—- Ihr wollt das Projekt "Stück zum Glück" unterstützen? Das geht ganz einfach – und zwar während des Einkaufs bei Rewe. Mit jedem Kauf eines Produkts aus dem Sortiment von P&G (unter anderem Marken wie Pampers, Gillette, Always, Oral-B und Ariel) wird durch die Partner eine Spende in das Vorhaben direkt vor Ort geleistet. Beide Unternehmen garantieren eine Gesamtspendensumme von einer Million Euro. Damit finanzieren Procter & Gamble und REWE den Bau des Hauses, den Unterhalt der Einrichtung, die Verpflegung und das Freizeitangebot der Kinder, Lehrer und Betreuer 3 Jahre lang. Nur so ist es möglich, Straßenkindern sinnvolle Perspektiven für ihre Zukunft zu bieten. Wir finden: Eine tolle Idee, die wir gerne unterstützen!