Zehn Jahre Vater: Das große Glück zeigt sich in den kleinen Momenten – #wasdudrausmachst

„Ich fahre meistens hungrig zur Arbeit. Nicht, weil es nichts gäbe, sondern weil ich morgens einfach nicht dazu komme zu essen. 6.10 Uhr weckt mich Franz. Oder Paul. Oder Franz und Paul. Sie stehen dann in ihren Schlafsäcken in ihren Betten, rütteln am Geländer und rufen Papa. Oder Mama. Oder Tatüta – was soviel heißt wie: Da fährt gerade ein Feuerwehrauto vorbei. Sie rufen das nicht einmal, nicht zweimal, sondern gefühlt 200 Mal.

Was sie damit erreichen, wissen sie bereits: Ich stehe auf, hebe beide aus ihren Ställen und transportiere sie ins Wohnzimmer, wo sie meistens weiter Mama, Papa oder Tatüta rufen – auch wenn ich ja jetzt da bin und weit und breit kein Feuerwehrauto zu hören ist. Aber sie merken, dass mich das Geschrei nervt und gerade deshalb rufen sie immer weiter.

Ich wickele beide, weil ich denke, dass sie dann vielleicht aufhören zu rufen, weil ich mich ja jetzt kümmere. Zwillinge wickeln dauert dreimal so lange wie das Wickeln eines einzelnen Kindes. Weil der, der gerade nicht gewickelt wird, an mir zieht und rüttelt (weil er auch gewickelt werden will). Weil er Hunger hat oder weil er gerade im Spielzimmer vom Stuhl gefallen ist und schreit. Nach dem Wickeln hole ich aus der Küche ein Schälchen, eine Banane, eine Gabel, einen Löffel, Haferflocken und mache Frühstück. Nicht für mich, sondern für die gerade gewickelten Zwillinge.

Zwillinge füttern dauert dreimal so lange wie das Füttern eines einzelnen Kindes. Weil der eine dem anderen entweder ständig in den Mund fasst (Futterneid) oder das Essen wieder ausspuckt, um seinen Bruder zu beeindrucken, zu belustigen oder im Spielzimmer vom Stuhl fällt, während ich seinen Kameraden füttere. Irgendwann ist es 7.45 Uhr. Meine Frau übernimmt. Ich ziehe mich an, dusche, fahre zur Arbeit. Ohne Frühstück, hungrig.“

Diesen Text schrieb ich am 4.3.2010, also ziemlich genau vor sieben Jahren! Sieben, das ist eine magische Zahl, die auch im Märchen immer wieder vorkommt. Sieben Tage hat die Woche. Was hat sich also in den sieben Jahren meiner Vaterschaft seither getan?

Ich fahre heute noch manchmal hungrig zur Arbeit. Weil wieder nur Zeit blieb, den Kindern die Butterbote für die Schule zu schmieren. Der Unterschied: Den Kindern ist das heute nicht mehr egal. Als ich neulich mal wieder auf Dienstreise war, da schickte mir Lisa das Foto ihres Abendbrottisches. Dort standen fünf Teller. Unser Jüngster hatte den Tisch gedeckt. Und er hatte nicht vergessen, dass ich ja gar nicht da bin. Nein, er deckte bewusst meinen Teller mit den Worten „Um Papa zu zeigen, dass wir an ihn denken“. Wer würde für so einen Satz nicht gern morgens hungrig zur Arbeit fahren?

 

Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade "Was begeistert Sie an Ihrer Vaterschaft?" des Familienministeriums in NRW. Bis zum 7. März werden unter dem Hashtag #WasDuDrausMachst Blogbeiträge zum Thema Vaterschaft gesammelt. Es geht um einen Blogbeitrag oder Facebook-Post – auch Mütter sind herzlich eingeladen, sich aus ihrer Sicht über Vaterschaft zu äußern.

 


1 comment

  1. Hungrig ins Büro…
    …das kenne ich nur zu gut und mache das momentan auch jeden Tag unter der Woche so. Ich hoffe, dass mir in 7 Jahren dann meine Kinder auch einen Teller mit hinstellen und an mich denken. 🙂 Wirklich schön geschrieben!